Alexander C. Blankenstein
4.1 Haftung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
4.1.1 Grundsätze
- Die originäre Haftung der GdWE folgt aus § 823 Abs. 1 BGB als Schädigerin. Ihre Haftung aus einer Verletzung eines Schutzgesetzes folgt aus § 823 Abs. 2 BGB.
- Die Haftung als Grundstücksbesitzer trifft die Gemeinschaft über § 836 BGB.
- Für Pflichtverletzungen des Verwalters haftet die Gemeinschaft entsprechend §§ 31, 89 BGB.
- Soweit der Verwalter für die GdWE Dritte mit der Übernahme von Teilbereichen der Verkehrssicherung beauftragt, haftet sie gemäß § 278 BGB oder § 831 BGB für deren Verschulden.
Schmerzensgeldansprüche
Kommt es infolge der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zu einem Personenschaden, so kann der Geschädigte u. U. auch einen Schmerzensgeldanspruch geltend machen. Ein Schmerzensgeldanspruch kommt nicht nur dann in Betracht, wenn die Körperverletzung auf deliktischer Schadensverursachung beruht. § 253 Abs. 2 BGB begründet vielmehr auch Schmerzensgeldansprüche bei Vertragsverletzungen.
4.1.2 Haftungsbegrenzung
- Effektiv kann die GdWE ihre Haftung für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nur durch den Abschluss von entsprechenden Versicherungen begrenzen (siehe hierzu Kap. A.II.2.2).
- Im Übrigen kann sie ihre Haftung gegenüber Unbefugten durch entsprechende Hinweisschilder begrenzen (siehe oben Kap. D.IV.4.3.14).
- Verletzen Eltern ihre Aufsichtspflicht, kann dies einer Haftung der GdWE per se entgegengehalten werden (siehe hierzu Kap. D.IV.4.4).
- Da dem Verwalter im Innenverhältnis zur GdWE stets die Organisation und Sicherstellung der Verkehrssicherungspflichten obliegt, hat sie bei Verletzung dieser Verwalterpflichten stets einen Regressanspruch gegen den Verwalter.
4.2 Haftung des Verwalters
4.2.1 Grundsätze
Verletzt der Verwalter seine Organpflichten, insbesondere weil er erforderliche Maßnahmen der Verkehrssicherung unterlässt bzw. nicht für eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer sorgt, kann er wegen Verletzung der der GdWE im Außenverhältnis obliegenden Verkehrssicherungspflichten in Anspruch und in Regress genommenen werden.
Eine unmittelbare Haftung des Verwalters neben der GdWE kann nur im Fall der §§ 838, 836 BGB in Betracht kommen, wobei insoweit von der Rechtsprechung zu klären sein wird, ob der Verwalter auch nach Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 noch als Gebäudeunterhaltungspflichtiger angesehen werden kann.
Geschädigten Wohnungseigentümern gegenüber haftet der Verwalter nicht mehr aus dem Gesichtspunkt des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 entfaltet der Verwaltervertrag nämlich keine Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer mehr (siehe hierzu Kap. B.I.8.3.3.2).
4.2.2 Haftungsbegrenzung
4.2.2.1 Vertragsgestaltung
Da es sich beim Verwaltervertrag in aller Regel um einen Formularvertrag handelt, der der Inhaltskontrolle nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegt, kann der Verwalter für den Bereich der Verkehrssicherungspflichten seine Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit weder dem Grunde noch der Höhe nach begrenzen (§ 309 Nr. 7a BGB; siehe auch Kap. B.I.8.3.4.3). Für Sachschäden kann er sie auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzen (§ 309 Nr. 7b BGB).
4.2.2.2 Objektbegehung
Haftungsrisiken wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten sollte der Verwalter von Beginn seiner Tätigkeit an vorbeugen.
Erstbegehung
Der Verwalter sollte zeitnah nach Übernahme einer neuen Verwaltung eine Objektbegehung durchführen, um den Zustand der Anlage und etwaige Gefahrenquellen zu ermitteln. Unabhängig von der Frage, ob der Verwalter zu einer Objektbegehung verpflichtet ist, gehört es zu seinen gesetzlichen Aufgaben, die für die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. In diesem Zusammenhang hat er zumindest den Erhaltungsbedarf zu ermitteln. Hierfür ist eine Objektbegehung jedoch erforderlich.
Regelmäßige Begehungen
Im Laufe der Amtszeit sollten darüber hinaus regelmäßige Objektbegehungen durchgeführt werden. In welchen Abständen diese erfolgen sollten, richtet sich dabei jeweils nach dem individuellen Einzelfall und insbesondere nach Alter und Zustand der Wohnanlage. So wird man bei älteren Objekten mindestens einmal jährlich – ggf. auch halbjährlich – eine derartige Begehung fordern müssen. Nach Unwettern und Stürmen sollten die verwalteten Wohnanlagen zeitnah begangen werden.
Dokumentation
Der Verwalter sollte Begehungen immer zusammen mit einem Miteigentümer oder einem Mitglied des Verwaltungsbeirats durchführen und über deren Ergebnis ein Protokoll anfertigen. Dieses Protokoll sollte zu Beweiszwecken vom begleitenden Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeirat gegengezeichnet sein.
4.2.2.3 Beseitigung von Gefahrenquellen
Hat der Verwalter potenzielle Gefahrenbereiche erkannt, sollte er umgehend eine Wohnungseigentümerversammlung zwecks Beschlussfassung über Abhilfemaßnahmen einberufen. In aller Regel genügt der Verwalter seinen Pflichten zunächst, indem er etwaige Gefahrenquellen ermittelt und die Eigentümergemeinschaft hierüber unverzüglich in Kenntnis setzt. Über konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahrenquelle hat dann die Eigentümergemeinschaft zu be...