1 Leitsatz

Der vermietende Wohnungseigentümer ist in Bezug auf die Störungen seines Mieters mittelbarer Handlungsstörer. Gegen den vermietenden Wohnungseigentümer besteht daher ein Anspruch auf Unterlassung einer erwiesenen konkreten Störung durch seinen Mieter. Der Wohnungseigentümer muss dafür sorgen, dass diese Störung unterbleibt. Welche Maßnahme der Wohnungseigentümer unternimmt, liegt in seinem Belieben. Ein Anspruch des Wohnungseigentümers, der sich gestört führt, auf eine spezielle Maßnahme besteht nicht.

2 Normenkette

§§ 535, 823, 1004 BGB; DSGVO Art. 6; §§ 13, 14 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K nimmt Wohnungseigentümer B wegen einer Videoanlage auf Unterlassung in Anspruch, die dessen Mieter M (die Verwaltung) angebaut hat.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Zwar hafte B als Wohnungseigentümer für Verstöße seines Mieters M. Ein Wohnungseigentümer sei nämlich mittelbarer Handlungsstörer, wenn sein Mieter eine Störung verursache. Insoweit sei der Wohnungseigentümer als Vermieter verpflichtet, für eine Unterlassung der Störung Sorge zu tragen. Dies sei zum einen dann der Fall, wenn er dem Mieter die Möglichkeit zur Störung eingeräumt habe. Dies sei in aller Regel mit dem Mietvertrag gegeben und betreffe alle Störungen, zu denen der Mieter durch den Mietvertrag berechtigt sei. Erforderlich sei ein adäquater Kausalzusammenhang, der üblicherweise aufgrund des Mietvertrags zu bejahen sei. Dies betreffe auch Aspekte, die im Mietvertrag zwar nicht ausdrücklich geregelt seien, aber typischerweise mit dem Gebrauch durch einen Mieter einhergingen. Habe hingegen der Vermieter die zu unterlassende Maßnahme ausdrücklich nicht gestattet und sei mit ihr nach dem Mietvertrag auch nicht zu rechnen, liege ein Gebrauchsexzess durch den Mieter vor. Dann werde der Wohnungseigentümer zum mittelbaren Handlungsstörer, wenn er von diesen Handlungen des Mieters erfahre und diese nicht unterbinde. Im Rahmen der Vermietung bestehe der Anspruch darin, dass der Wohnungseigentümer dafür sorgen müsse, dass die Störung unterbleibe. Welche Maßnahme er unternehme, liege in seinem Belieben, ein Anspruch des Gestörten auf eine spezielle Maßnahme bestehe nicht. Ob der Mieter dem Vermieter gegenüber zu der Handlung berechtigt sei und der Vermieter dem Mieter gegenüber einen Unterlassungsanspruch habe, sei unerheblich. Entscheidend sei allein die wohnungseigentumsrechtliche Frage des zulässigen Gebrauchs. Insbesondere könne der Vermieter keine Unmöglichkeit einwenden. Denn insoweit bestehe die Möglichkeit, dass der Mieter sich auf dem Verhandlungsweg auf eine Änderung des Mietvertrags einlasse. Im Fall gebe es indes keine Störung: Denn die Videokamera vor der Wohnung sei nicht zu entfernen. Im Fall sei die Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f) DSGVO zulässig. Es bestehe nämlich ein Interesse, den Schutz und die Sicherheit von Personen und des Eigentums zu gewährleisten. Bei der Wohnungseigentumsanlage handele es sich, wie die Kammer aus zahlreichen die Gemeinschaft betreffenden Verfahren wisse und man auch der Tagespresse entnehmen könne, um einen erheblichen Brennpunkt der Kriminalität. Hinzu komme, dass auch innerhalb der Gemeinschaft und gegenüber dem Verwalter erhebliche Differenzen bestünden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass auf die Anlage hingewiesen werde und diese sich vor dem Büro des Verwalters befinde, welches die Eigentümer üblicherweise bewusst aufsuchten, wenn sie mit der Verwaltung sprechen wollten.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es einerseits um die Frage, ob ein Mieter einen Wohnungseigentümer durch die Installation einer Videokamera stört. Diese Frage verneint das LG, da die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f) DSGVO vorlägen. Ungeachtet dieser Antwort fragt das LG anderseits und unnötig, ob der vermietende Wohnungseigentümer für den Mieter einstehen müsse und als Störer in Anspruch genommen werden könne.

Haftung für Mieter

Wie vom LG ausgeführt, haftet ein Wohnungseigentümer, der sein Sondereigentum einem Dritten überlässt und diesem außerdem gestattet, das gemeinschaftliches Eigentum zu gebrauchen, wenn der Dritte sich gegen die Gesetze oder die Bestimmungen der Wohnungseigentümer verhält. Früher stand das ausdrücklich in § 14 Nr. 2 WEG a. F. Heute ist es nicht anders, auch wenn das nicht mehr so transparent im Gesetz steht.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Wird das gemeinschaftliche Eigentum gestört, muss die Verwaltung alles Notwendige unternehmen, um gegen die Störung einzuschreiten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Störung ihre Ursache im Verhalten eines Wohnungseigentümers oder eines Drittnutzers hat, beispielsweise eines Mieters. Das Mindeste ist, den Störer abzumahnen. Ob die Verwaltung befugt ist, ohne Beschluss der Wohnungseigentümer mehr zu unternehmen, bemisst sich an § 27 WEG und den Vereinbarungen der Wohnungseigentümer.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 12.10.2023, 2-13 S 97/22

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