1 Leitsatz

Einer Versammlung steht es nicht entgegen, dass nach landesrechtlichen Vorschriften nur Geimpfte und Genesene mit negativem Corona-Test teilnehmen dürfen.

2 Normenkette

§ 24 Abs. 1 WEG; §§ 935ff. ZPO

3 Das Problem

Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats A meint, eine Versammlung, die nach dem öffentlichen Recht nur Personen besuchen dürfen, die geimpft oder genesen sind und zusätzlich einen negativen COVID-19-Test vorweisen können, sei wohnungseigentumsrechtlich unzulässig. Er beantragt daher im Wege einer einstweiligen Verfügung einen Verwalter zu bestellen.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Es bestehe kein Verfügungsanspruch. A müsse zunächst die anderen Wohnungseigentümer mit dem Gegenstand befassen. Dies sei auch möglich. Eine Versammlung, die nach dem öffentlichen Recht nur Personen besuchen dürfen, die geimpft oder genesen sind und zusätzlich einen negativen COVID-19-Test vorweisen können, sei wohnungseigentumsrechtlich zulässig und verletze nicht den Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts. Wer sich eigenverantwortlich gegen eine Impfung entscheide, müsse die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Konsequenzen tragen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Schrifttum (siehe z. B. Gerle, IMR 2022, S. 1; Klimesch, IMR 2022, S. 3) und bei den Verwalterverbänden (https://vdiv.de/hp195474/Eigentuemerversammlungen-unter-2G-Beschraenkungen-nicht-zulaessig.htm) ist streitig, ob einer Versammlung entgegensteht, dass nach landesrechtlichen Vorschriften nur Geimpfte und Genesene mit negativem Corona-Test teilnehmen dürfen (siehe z. B. Gerle, IMR 2022, S. 1; Klimesch, IMR 2022, S. 3).

Kein beachtlicher Eingriff in die Mitgliedschafts- und Teilnahmerechte

Ich selbst bin mit dem AG der Auffassung, dass bei Anwendung der 2G-Regelung keine Mitgliedschafts- und Teilnahmerechte verletzt werden. Richtig ist, dass dann voraussichtlich einige Wohnungseigentümer oder Wohnungseigentümerinnen daran gehindert sind, persönlich an einer Versammlung teilzunehmen. Das allein macht die dort gefassten Beschlüsse aber weder anfechtbar noch nichtig. Würde man es anders sehen, müsste man annehmen, dass die landesrechtlichen Corona-Verordnungen insoweit rechtswidrig sind.

Richtig ist aber auch, dass die Verwaltungen sehr sorgfältig prüfen sollten, ob die Gegenstände, die zur Beschlussfassung anstehen, es rechtfertigen, sich zum jetzigen Zeitpunkt zu versammeln. Das ist eine Frage des Einzelfalls und einer schwierigen Abwägung. Hier haben die Verwaltungen ihre Rechte zu beachten, die ihnen § 27 Abs. 1 WEG oder ein Beschluss oder eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer geben. Ferner ist § 6 COVMG zu beachten, der durch Art. 16 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 10.9.2021 (BGBl. I 4147) bis zum 31.8.2022 verlängert worden ist.

Das öffentliche Recht ändert sich im Übrigen häufig nach wenigen Tagen, jedenfalls nach wenigen Wochen. Die Verwaltung muss sich hier immer auf dem Laufenden halten. Eine informative Seite, die neben Gesetzen zur COVID-19-Pandemie (Bund und Länder) auch Rechtsprechung und Fachaufsätze nachweist, findet sich unter: https://lexcorona.de/doku.php. Anwendbar ist im Übrigen immer das Recht, das am Tag der Versammlung gilt. Es kann daher sein, dass die einzuhaltenden Bestimmungen zwischen der Einladung und der Abhaltung der Versammlung strenger sind oder sich die Anforderungen erleichtert haben.

6 Entscheidung

AG München, Beschluss v. 6.12.2021, 1293 C 19127/21 EVWEG

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