1 Leitsatz

Der Verwalter ist nicht berechtigt, eigenmächtig Vertragspartner der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu bestimmen.

2 Normenkette

§§ 9b Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen, die Eingangstüren und Briefkastenanlagen reparieren zu lassen. Der Verwalter B soll die X-GmbH beauftragen, die ein Angebot i. H. v. brutto 41.511,66 EUR abgegeben hatte. B ignoriert diesen Beschluss und beauftragt ein anderes Unternehmen (eine Unternehmergesellschaft). Diesem zahlt er 36.300,83 EUR. Ferner beauftragt B eigenmächtig ein Unternehmen mit der Lieferung von Schließzylindern, wofür er diesem 1.917,09 EUR zahlt. Schließlich beauftragt B ein Unternehmen mit dem Anschluss der Türöffnerleitungen an die Sprechanlagen.

Die Wohnungseigentümer weigern sich, diese und einige weitere Verträge zu genehmigen. Sie sind der Ansicht, die Leistungen seien mangelhaft und wertlos. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt vor diesem Hintergrund B auf Rückzahlung der von ihm aus dem Gemeinschaftsvermögen entnommenen Mittel. Das AG verurteilt B zur Zahlung von insgesamt 39.735,89 EUR nebst Zinsen sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 EUR nebst Zinsen. Hiergegen richtet sich die Berufung des B. Er meint, der Beschluss sei in der Sache mit identischem Inhalt umgesetzt worden, weshalb K kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, nur weil eine andere GmbH beauftragt worden sei. Jedenfalls sei K nach der Durchführung der Maßnahmen bereichert, was dem geltend gemachten Rückzahlungsanspruch im Wege der Aufrechnung entgegenzuhalten sei.

4 Die Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg! K stehe gegen B ein Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 BGB zu wegen nicht bestimmungsgemäßer Verwendung von Mitteln der K. In der Zahlung von 36.300,83 EUR an die Unternehmergesellschaft liege eine nicht bestimmungsgemäße Verwendung. Der B sei nicht berechtigt gewesen, die Unternehmergesellschaft mit der Erneuerung der Eingangstüren und der Briefkastenanlagen zu beauftragen. Ein Verwalter sei an die Beschlüsse der Wohnungseigentümer gebunden, und zwar insbesondere auch dann, wenn ihm die beschlossenen Maßnahmen unzweckmäßig oder, wie hier, zu teuer vorkommen. Die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen durch den Verwalter ohne entweder vorhergehenden oder im Ausnahmefall genehmigenden Beschluss der Wohnungseigentümer verbiete sich daher ebenso wie eine Abweichung von einem von den Wohnungseigentümern gefassten Ausführungsbeschluss.

Auch der Einwand, K habe letztlich das erhalten, was beschlossen worden sei, überzeuge nicht. Die Wohnungseigentümer hätten sich ausdrücklich dafür entschieden, die Arbeiten durch die X-GmbH, ein aus ihrer Sicht bewährtes ortsansässiges Fachunternehmen, ausführen zu lassen. Die Würdigung des AG, B stehe kein zur Aufrechnung berechtigender bereicherungsrechtlicher Gegenanspruch in Form eines Wertersatzanspruchs zu, begegne ebenfalls keinen Bedenken. Nach der BGH-Rechtsprechung stehe einem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Erhaltungsmaßnahmen durchführe, weder ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag noch ein bereicherungsrechtlicher Ersatzanspruch zu. Diese Grundsätze würden auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer zum Verwalter gelten.

Hinweis

  1. Die Entscheidung ist zum Vor-Reformrecht ergangen. Tatsächlich hat sich aber nicht so viel geändert. Zum einen ist der Verwalter auch im neuen Recht selbstverständlich an Entscheidungen der Wohnungseigentümer gebunden und nicht berechtigt, eigenmächtig ein anderes Unternehmen auszuwählen, das der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Werkleistungen erbringen soll. Und zum anderen ist der Verwalter nicht berechtigt, Verträge, die zu erheblichen Verpflichtungen führen, eigenständig zu schließen.
  2. Darf der Verwalter im Einzelfall die Entscheidung treffen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einem Dritten einen Vertrag schließt, muss er wie die Wohnungseigentümer vorgehen, wenn diese eine Entscheidung treffen. Grundsätzlich muss daher auch der Verwalter den Markt sichten und anhand von Angeboten überprüfen, welches Unternehmen für eine bestimmte Leistung am besten geeignet ist. Insoweit spielt es eine Rolle, ob ein Werkunternehmer eine Unternehmergesellschaft ist. Denn diese ist nicht ausreichend kapitalisiert und wird sich im Fall einer mangelhaften Werkleistung – wie im Fall – in die Insolvenz flüchten.
  3. Eine deutliche Warnung an Verwalter ist die Ansicht, er habe keinen Bereicherungsanspruch. Hier heißt es also: lieber zweimal fragen.

5 Entscheidung

LG Lüneburg, Urteil v. 2.2.2021, 3 S 36/20

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge