4.12.1 Vertretung der Wohnungseigentümer

Das WEMoG erlegt dem Verwalter den Wohnungseigentümern gegenüber keinerlei Pflichten mehr auf. Seine Funktion beschränkt sich gänzlich auf die organschaftliche Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Verwalter vertritt die Wohnungseigentümer demnach auch nicht mehr. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die nicht mehr geltende Bestimmung des § 27 Abs. 2 WEG a. F. allenfalls Bedeutung für Beschlussanfechtungsklagen hatte, die gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten waren. Da es sich bei Anfechtungs-, Nichtigkeits- und Beschlussersetzungsklagen nunmehr aber um Verbandsprozesse handelt, die nach § 44 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind, käme der alten Regelung des § 27 Abs. 2 WEG a. F. lediglich insoweit noch praktische Bedeutung zu, als nach kommunalen Satzungen für Grundbesitzerabgaben vielfach eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer angeordnet ist und somit der Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer nach nunmehr geltender Rechtslage ausscheidet. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Pflichten der Wohnungseigentümer zu erfüllen hat, denn die Erfüllung von Gebühren und Abgaben in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum ist eine gemeinschaftsbezogene Pflicht i. S. v. § 9a Abs. 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat danach eine ihr fremde Schuld zu erfüllen.[1] Die Behörde dürfte auch ermessensfehlerhaft handeln, wenn sie Gebührenbescheide nicht an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richtet.[2]

4.12.2 Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

4.12.2.1 Außergerichtliche Vertretung

Gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zunächst uneingeschränkt durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Ausnahme stellen Grundstückskauf- oder Darlehensverträge dar. Hier besteht eine Vertretungsmacht des Verwalters lediglich dann, wenn diese durch Beschluss der Wohnungseigentümer legitimiert ist. Die Wohnungseigentümer können insoweit Ermächtigungsbeschlüsse für einzelne zu schließende Verträge fassen. Sie können den Verwalter aber auch in bestimmten Grenzen oder umfassend zum Abschluss solcher Verträge ermächtigen – entsprechendes Vertrauen vorausgesetzt.

Die Einschränkung der Vertretungsmacht gilt, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, nur für den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen, nicht aber für Erklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung. Auch dingliche Rechtsgeschäfte sind von der Beschränkung nicht erfasst. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Einigung i. S. d. § 873 Abs. 1 BGB. Sie enthält beispielsweise die Einigung über eine Eigentumsübertragung oder eine Grundstücksbelastung. Das dingliche Rechtsgeschäft dient regelmäßig der Erfüllung des Grundgeschäfts, also etwa dem Grundstückskaufvertrag. Über diese Einschränkung hinaus ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam. Die Wohnungseigentümer können also eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Verwalters mit Wirkung für das Außenverhältnis weder vereinbaren noch beschließen. Eine entsprechende Vereinbarung wäre unwirksam, ein entsprechender Beschluss nichtig. Zwar können die Wohnungseigentümer nach § 27 Abs. 2 WEG die Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschränken, entsprechende Beschränkungen hätten im Außenverhältnis allerdings keine Auswirkungen.

 
Praxis-Beispiel

Begrenztes Budget für Erhaltungsmaßnahmen

Im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist der Verwalter im Rahmen erforderlicher Maßnahmen der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zu einer eigenständigen Auftragsvergabe bis zu 2.000 EUR im Einzelfall berechtigt. Vergibt der Verwalter ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer einen Auftrag mit einem Volumen von 3.500 EUR, berührt dies die Rechtswirksamkeit des mit dem Fachunternehmen geschlossenen Vertrags nicht, da die Budgetbeschränkung lediglich im Innenverhältnis zwischen Verwalter und Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Wirkung entfaltet, nicht aber im Außenverhältnis. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist an diesen Vertrag gebunden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unternehmer positive Kenntnis von der beschränkten Vertretungsmacht des Verwalters hat und mit diesem kollusiv zum Nachteil der Wohnungseigentümer handelt.

Die im Außenverhältnis unbeschränkbare Vertretungsmacht des Verwalters wird aus 2 Gesichtspunkten erforderlich:

  1. Ein zentrales Verwaltungsregister existiert nicht;
  2. einseitige Rechtsgeschäfte des Verwalters als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer konnten nach früherer Rechtslage dann nach § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn der Verwalter gerade für dieses Rechtsgeschäft keine Vollmacht vorlegen kann.
 
Praxis-Beispiel

Kündigung des Hausmeister-Services

Die Wohnungseigentümer beschließen, dass das mit dem Hausmeister-Service bestehende Ver...

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