Alexander C. Blankenstein
Laufende Verwaltungsmaßnahmen werden durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer geregelt. Da Beschlüsse auch ohne Grundbucheintragung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG gegenüber dem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gelten – soweit es sich nicht um Beschlüsse auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel handelt –, muss die Beschlussfassung bestimmten Formalien folgen und vor allem dokumentiert werden. Den Wohnungseigentümern stehen dabei 2 Modalitäten zur Verfügung:
- Der Versammlungsbeschluss
- Der Beschluss im "schriftlichen" Verfahren des § 23 Abs. 3 WEG (sog. "Umlaufbeschluss")
Egal, ob ein Versammlungsbeschluss gefasst wurde oder eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren erfolgt ist, die Beschlüsse müssen jeweils gemäß § 24 Abs. 7 WEG in die Beschluss-Sammlung eingetragen werden. Über die Wohnungseigentümerversammlung ist daneben noch gemäß § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG eine Niederschrift zu erstellen.
3.1 Rechtsnatur
Im Unterschied zur Vereinbarung bedarf es für die Fassung eines Versammlungsbeschlusses nicht der Zustimmung eines jeden Wohnungseigentümers. Beschlüsse im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG bedürfen allerdings der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn die Wohnungseigentümer für den konkreten Einzelfall keine entsprechende Mehrheitsentscheidung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG beschlossen haben.
Der Beschluss fasst gleichgerichtete Willenserklärungen der zustimmenden Wohnungseigentümer mit Wirkung gegen die gegenstimmenden und sich enthaltenden Wohnungseigentümer zusammen. Insoweit stellt er einen Gesamtakt dar, der mehrere gleichgerichtete Willenserklärungen der Wohnungseigentümer bündelt. Im Unterschied zur Vereinbarung bindet der Beschluss nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG Rechtsnachfolger von Wohnungseigentümern auch ohne Grundbucheintragung. Dies gilt allerdings nicht für Beschlüsse, die auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst wurden. Diese bedürfen zur Wirkung auch gegen Sondernachfolger der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG der Eintragung in das Grundbuch.
3.2 Beschlusskompetenz
Unabdingbare Voraussetzung für eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer ist, dass ihnen die Kompetenz eingeräumt ist, eine Angelegenheit durch Beschluss regeln zu können. Ein mangels Beschlusskompetenz gefasster und verkündeter Beschluss ist per se nichtig.
Keine Umzugspauschalen mehr möglich
Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 sieht das Gesetz die Möglichkeit, schadensunabhängige Nutzungspauschalen zu beschließen, wie dies auf Grundlage von § 21 Abs. 7 WEG a. F. noch möglich war, nicht mehr vor. Zwar können Umzugspauschalen weiterhin vereinbart werden, entsprechende Beschlüsse wären demgegenüber mangels Beschlusskompetenz aber nichtig.
Entweder Gesetz oder Vereinbarung müssen den Wohnungseigentümern also eine Kompetenz zur mehrheitlichen Beschlussfassung zuweisen. Die Vereinbarung kann ihre Abänderung mittels Öffnungsklausel durch Beschluss zulassen.
Reichweite gesetzlicher Beschlusskompetenz
Die Antwort auf die Frage nach der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines Beschlusses, der auf Grundlage des Gesetzes gefasst werden soll, richtet sich danach, ob den Wohnungseigentümern eine entsprechende Beschlusskompetenz eingeräumt ist und wie weit diese Kompetenz reicht. Werden die Grenzen der eingeräumten Beschlusskompetenz eingehalten, ist ein auf Grundlage der entsprechenden gesetzlichen Norm gefasster Beschluss grundsätzlich nur anfechtbar (so freilich der Beschluss nicht an Nichtigkeitsgründen leidet, die nichts mit der Frage der Beschlusskompetenz zu tun haben, wie beispielsweise die bewusste Nichteinladung von Wohnungseigentümern, ein unbestimmter Beschlussinhalt oder ein in sich widersprüchlicher Beschlusswortlaut).
Wie aber erkennt der Leser des Gesetzestextes, wie weit die den Wohnungseigentümern eingeräumte Kompetenz zur Beschlussfassung tatsächlich reicht und ein darüber hinaus gehender Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig wäre? Zu unterscheiden sind insoweit die Wörter "dürfen" und "können".
Bedeutung des Wortes "dürfen"
Die Neuregelung in § 20 Abs. 4 WEG sieht auszugsweise Folgendes vor: "Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen … werden ..."
Das Wort "dürfen" verdeutlicht, dass den Wohnungseigentümern eine Beschlusskompetenz eingeräumt ist, auch wenn die weiteren Einschränkungen überschritten bzw. missachtet werden, die letztlich die Grenzen billigen Ermessens oder auch ordnungsmäßiger Verwaltung im Rahmen einer Beschlussanfechtung aufzeigen. Auch dann, wenn also ein Beschluss über eine Maßnahme der baulichen Veränderung einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt, ist er lediglich anfechtbar.