Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.06.2002; Aktenzeichen 1 BvR 575/02)

OVG Berlin (Beschluss vom 20.02.2002; Aktenzeichen 2 S 6.01)

 

Tenor

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 20 Millionen DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerinnen begehren zwecks Vermeidung der Einrichtung eines Rücknahme-, Zwangsbepfandungs- und Verwertungssystems betreffend Einwegverpackungen für Biere, Mineralwasser und Weine im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Nichtbekanntmachung der Nacherhebungszahlen für die Anteile von Getränkemehrwegverpackungen für den Zeitraum Januar 1999 bis Januar 2000.

Die 16 Antragstellerinnen, Brauereien, Herstellerinnen nichtalkoholischer Getränke und (Einzel-)Handelsunternehmen, stellen in Einwegverpackungen abgefüllte Biere, Mineralwasser und Weine her bzw. vertreiben solchermaßen verpackte Getränke aus der Bundesrepublik Deutschland und zum Teil auch mit Herkunft aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Am 28. Januar 1999 machte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Bundesanzeiger (Nr. 18, S. 1082) für das Jahr 1997 die Erhebungen der Bundesregierung bezüglich der Mehrweganteile von Getränkeverpackungen bekannt, die bezogen auf das Vergleichsjahr 1991 eine späterhin (Bekanntmachung vom 4. April 2000, Bundesanzeiger Nr. 66, S. 6009) auf 71,33 v.H. berichtigte Mehrwegverpackungsquote von 71,35 v.H. ergaben und im Einzelnen für die Getränkearten Bier, Mineralwasser und Wein einen Rückgang des Mehrwegverpackungsanteils belegen, und bekundete zugleich, dass das in § 9 Abs. 2 der Verpackungsverordnung festgelegte Verfahren (Nacherhebung für den auf die Bekanntmachung folgenden Zeitraum von zwölf Monaten) ausgelöst werde. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, die entsprechenden Zahlen für den Zeitraum Januar 1999 bis Januar 2000, die aller Voraussicht nach eine inzwischen deutlichere Unterschreitung einer Mehrwegverpackungsquote von 72 v.H. ausweisen werden, im September 2001 im Bundesanzeiger bekannt zu machen, so dass die nach § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung unter weiteren Voraussetzungen zunächst bestimmte Befreiung von der Verpflichtung zur Rücknahme, Bepfandung und Verwertung von Einwegverpackungen durch deren Hersteller und Vertreiber gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 der Verpackungsverordnung vom ersten Tage des auf die Bekanntmachung der Nacherhebungszahlen folgenden sechsten Kalendermonats bundesweit für die Getränkebereiche als widerrufen gelten würde, für die der im Jahr 1991 festgestellte Mehrweganteil unterschritten ist. Dies hätte u.a. zur Folge, dass auf Getränkeeinwegverpackungen für Biere, Mineralwasser und Weine ein Pfand in Höhe von mindestens 0,50 Deutsche Mark zu erheben wäre.

Im vorliegenden Verfahren suchen die Antragstellerinnen um vorläufigen Rechtsschutz nach. Sie führen zur Begründung im Wesentlichen an, dass an der Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Bestimmung des § 9 Abs. 2, 3 Verpackungsverordnung im Hinblick auf Art. 30 GG Bedenken bestünden. Liege danach die Ausübung staatlicher Befugnisse bei den Ländern, hätte es einer grundgesetzlichen – aber eben fehlenden – Regelung bedurft, um die Bundesregierung mit den Erhebungen zum Verhältnis von Getränkeeinweg- zu Getränkemehrwegverpackungen betrauen zu können. Darüber hinaus sei die Bekanntmachung der Getränkemehrwegverpackungsquote für das Jahr 1997 nicht einmal durch die Bundesregierung selbst erfolgt; vielmehr habe es sich (nur) um eine solche des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gehandelt. In der Sache selbst sei zu beanstanden, dass für das Jahr 1997 eine Unterschreitung eines Mehrwegverpackungsanteils von 72 v.H. nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt worden sei, da auf die veröffentlichte Quote von 71,33 bzw. 71,35 v.H. eine Fehlermarge von +/- 1 v.H. aufzuschlagen gewesen wäre. Schließlich bestünden Zweifel an der Vereinbarkeit der Pfandpflicht- und Mehrwegquotenregelung nach der Verpackungsverordnung nicht nur wegen des enormen Kostenaufwandes für den Aufbau und Betrieb eines solchen Rücknahme- und Pfanderstattungssytems im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie unternehmerische Betätigung, sondern vor allem betreffend das Europäische Gemeinschaftsrecht. So habe die EU-Kommission schon Dezember 1995 gegen die Antragsgegnerin ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Die Antragstellerinnen beantragen,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine noch zu erhebende Unterlassungsklage zu unterlassen, die Ergebnisse der Nacherhebung über die Anteile der in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränke in der Zeit vom Januar 1999 bis Januar 2000 im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Die Antrags...

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