Entscheidungsstichwort (Thema)

Sportwettenmonopol im Saarland mit Verfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht vereinbar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das im Glücksspielstaatsvertrag verankerte staatliche Sportwettenmonopol und seine Ausgestaltung im Saarland verstoßen wegen gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

2. Die Bindung an eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO steht dem Erlass eines neuen Bescheides bei einer wesentlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht entgegen.

 

Normenkette

VwGO § 80; GlüStV §§ 1, 3 Abs. 1 S. 3, Abs. 6, § 4 Abs. 1, 4, §§ 5, 9-10, 21; AG GlüStV-Saar § 5; AGGlüStV-Saar § 7 Abs. 2

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 9 Abs. 2 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland – GlüStV – (Amtsbl. 2007, S. 2441) statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 08.12.2008, mit der dem Antragsteller die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit “Vermittlung von Sportwetten” untersagt wurde, ist unbegründet.

Bei seiner Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht alle Gesichtspunkte, die für oder gegen die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit sprechen, zu berücksichtigen und zu bewerten. Dabei kommt der Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache entscheidende Bedeutung zu, weil ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht bestehen kann und umgekehrt in der Regel das öffentliche Interesse am Vollzug Vorrang vor dem privaten Interesse am Suspensiveffekt verdient, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht in diesem Sinne eindeutig zu bejahen bzw. zu verneinen, sind die gegenläufigen Interessen der Beteiligten – ausgehend von dem Ergebnis der Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache – zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

Die Abwägung geht vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Die Verfügung der Antragsgegnerin erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig und die zu Grunde liegende Interessenlage bietet keine Veranlassung, ungeachtet dessen dem Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung des verfügten Verbots den Vorrang gegenüber dem gemäß § 9 Abs. 2 GlüStV gesetzlich vorgesehenen Sofortvollzug einzuräumen.

Zunächst steht die materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 04.04.2007 – 3 W 26/06 –, mit dem das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19.06.2006 ausgesetzt hatte, der Rechtmäßigkeit des nunmehrigen Bescheides nicht entgegen. Die materielle Rechtskraft einer Aussetzungsentscheidung vermag die Verwaltung nicht daran zu hindern, unter Aufhebung des früheren Bescheids einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen und dessen sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen. Formal handelt es sich um einen neuen Verfahrensgegenstand. Materiell könnte die Behörde dadurch allerdings die ihr nicht genehme Aussetzungsentscheidung unterlaufen. Eine Umgehung der wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung muss verhindert werden. Die Bindung an die Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO lässt es daher nicht zu, dass die Behörde einen mit der früheren Regelung inhaltlich identischen Neubescheid erlässt und dessen sofortige Vollziehbarkeit anordnet

vgl. Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Kommentar, Stand: Oktober 2008, § 80 Rdnr. 361; (weitergehend) J. Schmidt in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 80 Rdnr. 99; a.A. Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 80 Rdnr. 172.

Eine solche Umgehung der Aussetzungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts liegt hier nicht vor. Es fehlt bereits an einer identischen Neuregelung im Hinblick darauf, dass die frühere Verfügung sich auf die Geschäftsräume in der R… Straße … in S… bezog, wohingegen die nunmehrige Untersagungsverfügung sich auf die Einstellung der Vermittlung von Sportwetten in den Geschäftsräumen in der S… Str… richtet. Zwar wurde dem Antragsteller in beiden Verfügungen jeweils die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit “Vermittlung von Sportwetten” auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Saarbrücken mit sofortiger Wirkung untersagt. Gleichwohl liegt bereits aufgrund der angeordneten Einstellung der Tätigkeit in unterschiedlichen Betriebsstätten eine völlige Identität der Bescheide, mit der eine der Antragsgegnerin nicht genehme Aussetzungsentscheidung unterlaufen würde, nicht vor. Vielmehr stellt der Wechsel der Betriebsstätte oder das Hinzutreten einer neuen Betriebsstätte eine geänderte Sachlage dar, die die Behörde grundsätzlich dazu berechtigt, einen neuen Bescheid zu erlassen. Sie ist in einem solchen Fall nicht darauf beschränkt, einen Antrag auf Abänderung der geric...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge