Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkgebührenpflicht für Rotkennzeichen
Leitsatz (amtlich)
1. Das „rote Kennzeichen” gemäß § 28 Abs. 3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) bzw. seit dem 01.03.2007 gemäß § 16 Abs. 3 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) das den Inhaber berechtigt, dieses Kennzeichen an verschiedenen Fahrzeugen anzubringen, um diese zu Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten in Betrieb zu nehmen, rechtfertigt keine pauschale Gebührenerhebung.
2. Anders als etwa Vorführwagen sind die Fahrzeuge, die mit Rotkennzeichen versehen in Betrieb genommen werden, nicht zugelassen. § 23 StVZO (bzw. nunmehr § 16 Abs. 3 FZV) stellt lediglich eine Ausnahmeregelung dar, nach der nicht zugelassene Fahrzeuge zu bestimmten, eng umrissenen Zwecken in Betrieb genommen werden dürfen.
3. Für die vom Beklagten vorgenommene durchgängige pauschalierende Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an die Anzahl der von einem Kfz-Betrieb vorgehaltenen Kennzeichen kein Raum, denn es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, dass „rote Kennzeichen” typischerweise nur an Fahrzeugen angebracht werden, bei denen die Haltereigenschaft des Betreibers des Kfz-Betriebes feststeht.
Normenkette
RGebStV § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 2, §§ 5-6
Tenor
1. Der Gebührenbescheid vom 02.10.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 29.11.2006 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkgebühren.
Am 06.01.2006 sprach der Gebührenbeauftragte des Beklagten beim Gewerbebetrieb der Klägerin vor. Diese betreibt dort eine Autoreparaturwerkstatt und handelt mit Neu- und Gebrauchtwagen. Im Besuchsbericht vom 06.01.2006 ist festgestellt, der Geschäftsführer der Klägerin habe angegeben, seit 07/1992 ein rotes Dauerkennzeichen vorzuhalten. Außerdem habe er angegeben, einen eigenen PKW zu haben, der aber auf seine Heimatadresse in … zugelassen sei. Hierbei handele es sich um ein Privatfahrzeug, weshalb er das in diesem Fahrzeug befindliche Autoradio nicht anmelden werde. Er fahre täglich mit diesem Fahrzeug zu seinem Betrieb und erledige auch Geschäftsfahrten hiermit. In dem Besuchsbericht ist weiter festgehalten, dass neben dem roten Dauerkennzeichen … ein Radiogerät in einem Ford Focus mit dem amtlichen Kennzeichen … bereitgehalten werde, dass die Klägerin bereits bei der GEZ unter der Teilnehmernummer … gemeldet sei und dass ca. 20 Neu- und Gebrauchtwagen mit Hörfunkgeräten auf dem Gelände stünden. Aufgrund der getroffenen Feststellungen wurden zwei Hörfunkgeräte von Amts wegen zugemeldet. Die gesamte Nachforderung für den Zeitraum 07/1992 bis 02/2006 wurde mit 1583, 44 EUR beziffert.
Mit Gebührenbescheid vom 02.10.2006 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Juli 1992 bis Februar 2006 incl. eines Säumniszuschlags in Höhe von 15,83 EUR auf insgesamt 1599,27 EUR fest.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.10.2006 Widerspruch ein. Sie machte erneut geltend, ein Gebührentatbestand bestehe nicht. Sie habe sämtliche Geräte angemeldet. Im Übrigen seien die Forderungen verjährt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2006 wies der SWR im Auftrag des Beklagten den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, der Gebührenbeauftragte habe bei seinem Besuch festgestellt, dass die Klägerin seit mindestens 07/1992 in ihrem Betreib ein rotes Dauerkennzeichen habe und in einem zeitweise geschäftlich genutzten Kraftfahrzeug ein Autoradio eingebaut sei. Für jedes in einem Kfz-Betrieb vorgehaltene „rote Kennzeichen” sei eine zusätzliche Hörfunkgebühr zu zahlen. Sobald ein solches Nummernschild an einem Kraftfahrzeug mit Radio angebracht werde, beginne die Gebührenpflicht. Mit dem Anbringen des „roten Nummernschildes” werde das Kraftfahrzeug zum Vorführwagen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre jedes Radio in einem Fahrzeug, das mindestens einmal im Monat mit dem „roten Nummernschild” ausgestattet und somit zugelassen werde, gebührenpflichtig. Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und im Sinne einer Kostenentlastung der Kraftfahrzeughändler beschränke sich der Beklagte jedoch in diesen Fällen auf nur eine Gebühr je „rotem Kennzeichen”. Diese Autoradios seien nicht über das Händlerprivileg abgedeckt, weil hier die Regelung analog zu den Vorführwagen gelte. Erfahrungsgemäß würden diese Kennzeichen auch nicht nur geringfügig genutzt, sondern in manchen Fällen hätten insbesondere kleine Gebrauchtwagenhändler überhaupt kein Kraftfahrzeug mehr auf sich zugelassen, sondern nutzten ausschließlich verschiedene Fahrzeuge mit „roten Kennzeichen” auch für ihre Dienstfahrten. Al...