Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenanteil bei Beihilfen für Aufwendungen für Heilbehandlungen. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Minderung eines Beihilfeanspruchs. Verstoß gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes
Normenkette
SBG § 98; BhVO § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 lit. b
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seine am 09.02.2007 und am 11.05.2007 eingegangenen Beihilfeanträge zu den darin geltend gemachten Aufwendungen für Heilbehandlungen Beihilfe ohne Berücksichtigung eines Eigenanteils (15 %) zu gewähren.
Die Beihilfebescheide vom 26.02.2007 und vom 11.06.2007 sowie der Widerspruchsbescheid vom 05.12.2007 werden aufgehoben, soweit sie der vorstehenden Verpflichtung entgegenstehen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der am … 1964 geborene, als Beamter beim LKA beihilfeberechtigte Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner vom Beklagten als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen für eine Heilbehandlung seiner Tochter Carolin (Beihilfebemessungssatz 80 vom Hundert) um einen Eigenanteil von 15 vom Hundert.
Mit Beihilfebescheid vom 26.02.2007 bewilligte der Beklagte zu den vom Kläger insoweit in Höhe von 195,00 Euro geltend gemachten Aufwendungen lediglich eine Beihilfe von 132,64 Euro, mit weiterem Beihilfebescheid vom 11.06.2007 wurde für derartige Aufwendungen von 140,00 Euro die Beihilfe auf 93,84 Euro festgesetzt. Zur Begründung ist in den Bescheiden jeweils darauf hingewiesen, nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.06.2003 verminderten sich die beihilfefähigen Aufwendungen für Heilbehandlungen, sofern kein Ausnahmetatbestand (chronische Erkrankung, Person unter 18 Jahren) vorliege, um einen Eigenanteil von 15 %.
Die vom Kläger hiergegen erhobenen Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2007 im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Bescheide zurückgewiesen.
Mit am 04.01.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben.
Er hält den vom Beklagten angewandten ministeriellen Erlass wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie mangels einer dem Gesetzesvorbehalt genügenden Ermächtigungsgrundlage für rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seine am 09.02.2007 und am 11.05.2007 eingegangenen Beihilfeanträge zu den darin geltend gemachten Aufwendungen für Heilbehandlungen Beihilfe ohne Berücksichtigung eines Eigenanteils (15 %) zu gewähren und die Beihilfebescheide vom 26.02.2007 und vom 11.06.2007 sowie den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2007 aufzuheben, soweit sie der vorstehend beantragten Verpflichtung entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Neufassung des § 98 Abs. 3 SBG als gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage sowie darauf, dass er der Fürsorgepflicht durch die Regelung von Ausnahmetatbeständen in dem angewandten Erlass Rechnung getragen habe. Außerdem weist er darauf hin, dass nach § 15 Abs. 7 BhVO auf besonderen Antrag des Beihilfeberechtigten zur Absenkung der Gesamtbelastung durch Eigenanteile eine Erhöhung des Bemessungssatzes gewährt werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung erklärten Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Über die Klage war gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit dem Beschluss der Kammer vom 09.05.2008 durch den Einzelrichter zu entscheiden.
Die als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 2 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf weitere Beihilfe zu den strittigen Aufwendungen für Heilbehandlungen ohne Abzug eines Eigenanteils von 15 % von den festgesetzten Höchstbeträgen. Die Bescheide des Beklagten vom 26.02.2007 und vom 11.06.2007 sowie der Widerspruchsbescheid vom 05.12.2007 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BhVO sind in Krankheitsfällen u.a. zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, für die Beseitigung oder zum Ausgleich erworbener Körperschäden die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang beihilfefähig, wobei über die Notwendigkeit und die Angemessenheit der Aufwendungen die Festsetzungsstelle entscheidet (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BhVO). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 BhVO umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen in Krankheitsfällen unter anderem die Kosten für vom Arzt schriftlich angeordnete Heilbehandlungen wie etwa Krankengymnastik oder Lymph...