Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zugang zu Bergwerksunterlagen
Leitsatz (amtlich)
Das am 3. November 2007 in Kraft getretene saarländische Umweltinformationsgesetz vermittelt einen Anspruch, in Bergwerksunterlagen Einsicht zu nehmen und Abschriften und Kopien daraus zu erhalten. Dieser Anspruch ist nicht durch die Vorschriften des Bundesberggesetzes, insbesondere das Einsichtsrecht nach § 63 Abs. 4 BBergG eingeschränkt.
Normenkette
BBergG § 63 Abs. 4
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Einsichtnahme in das für sein Anwesen relevante Grubenbild sowie die Unterlagen über Bohrlochbilder, geologischer Riss, Austritt und Ausbruch von Gasen und Gebirgsschlagstellen zu gewähren und bezüglich des Grubenbildes verwendungsfähige, aussagekräftige und kongruente Abschriften zur Verfügung zu stellen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Einsicht in das sein Anwesen betreffende Grubenbild für den durch die Beigeladene betriebenen untertägigen Bergbau nebst der Zurverfügungstellung von Abschriften bzw. Kopien dieser Unterlagen.
Mit Schreiben vom 12.01.2005 beantragte der Kläger, der Eigentümer des Anwesens A-Straße in A-Stadt, beim Beklagten Kopien aus dem für sein Grundstück relevanten Grubenbild. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 14.02.2005 die Erstellung von Kopien ab. Der Kläger bat daraufhin mit Schreiben vom 06.03.2005 um Zustellung eines rechtsmittelfähigen Bescheids.
Mit Bescheid vom 29.04.2005 wies der Beklagte den Antrag auf Erstellung von Kopien aus dem Grubenbild ab. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, abgesehen davon, dass bergbaulich bedingte Bodenbewegungen keine Veränderungen des Bodenzustandes bewirkten, gehe das speziellere Bundesberggesetz dem Umweltinformationsgesetz vor. Eine Herstellung von Kopien aus dem Grubenbild sei danach nicht möglich. Grund hierfür sei nicht nur der erhebliche technische Aufwand, sondern die Tatsache, dass § 64 Abs. 4 BBergG nur das Recht auf Einsichtnahme verleihe, um einem eventuell von Bergschäden Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die Einflussnahme der bergbaulichen Tätigkeit auf sein Anwesen anhand der vom Unternehmer erstellten zeichnerischen Unterlagen nachzuvollziehen. Das Bergamt dürfe im Hinblick auf die Gefahr eines möglichen Missbrauchs die Herstellung von Abzeichnungen oder Ablichtungen des Grubenbildes nicht zulassen. Die entsprechende Verwaltungsanweisung des Oberbergamtes bestätige diese Regelung.
Gegen diesen formlos am 29.04.2005 abgesandten Bescheid legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.05.2005 – beim Beklagten eingegangen am 23.05.2005 – Widerspruch ein. Er führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (Umweltinformationsrichtlinie – UI-RL) gelte bis zu ihrer Umsetzung unmittelbar im Saarland. Gemäß Art. 3 Abs. 1 UI-RL hätten die Behörden die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein hinreichendes Interesse geltend zu machen bräuchten. Die bei dem Beklagten vorhandenen Grubenbilder enthielten Umweltinformationen im Sinne der Richtlinie. Der Auffassung, bergbaulich bedingte Bodenbewegungen bewirkten keine Veränderung des Bodenzustandes, könne nicht gefolgt werden. Informationen über bergbaubedingte Bodenbewegungen seien Umweltinformationen im Sinne der Richtlinie. Auf Antrag seien gemäß Art. 3 Abs. 4 UI-RL einem Antragsteller Umweltinformationen auch in Gestalt von Kopien zugänglich zu machen. Insbesondere seien die im Grubenbild enthaltenen Informationen derart komplex, dass eine Einsichtnahme vor Ort nicht ausreiche, um sich ein hinreichendes Bild von den dargestellten Daten und ihren Konsequenzen zu machen. Das deutsche Bergrecht, das nur ein Recht auf Einsichtnahme vorsehe, werde vom europäischen Umweltinformationsrecht überlagert. Da eine Einsichtnahme vor Ort nicht ausreiche, liege zudem kein sachlicher Grund für die Verweigerung der Übergabe von Kopien vor. Datenschutzgründe könnten hierzu ebenfalls nicht angeführt werden, da berechtigte Interessen Dritter, die durch den Bergbau verursachten Auswirkungen geheim zu halten, nicht ersichtlich seien. Vertrauliche personenbezogene Daten seien im Grubenbild nicht enthalten. Soweit § 64 Abs. 4 BBergG zu einer Einschränkung der Umweltinformationsrichtlinie führe, sei er ...