Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Einbürgerung nach Flüchtlingsanerkennung aufgrund Exilaktivitäten für die PKK. Glaubhaftmachung eines inneren Lernprozesses. Feststellung der Gewichtigkeit von Exilaktivitäten. Weitergeltung von altem Recht (§ 40c StAG)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Publizitätsträchtige Exilaktivitäten für die PKK, die im Asylklageverfahren zur Flüchtlingsanerkennung führen, stellen Unterstützungshandlungen i.S.v. § 11 Satz Nr. 2 StAG dar, ohne dass es auf den subjektiven Vorbehalt, nur das Asylverfahren erfolgreich abschließen zu wollen, ankommt.

2. Eine Anwendung von sicherheitsrelevanten Bestrebungen erfordert die Glaubhaftmachung eines inneren Lernprozesses. Der Zeitablauf von mehreren Jahren reicht dafür jedenfalls dann nicht aus, wenn zu der Vornahme gewichtiger Exilaktivitäten die Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung hinzutritt.

 

Normenkette

StAG § 11 S. 2 Nr. 1, § 11 S. Nr. 2, § 40c

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger, türkischer Staatsangehöriger, begehrt seine Einbürgerung.

Er reiste 1988 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte Asylantrag. Zur Begründung trug er vor, wegen der Kontakte zu einem Verwandten, der den Apocular/PKK angehört habe, verhaftet und 15 Tage lang auf der Polizeiwache in Idil verhört und geschlagen worden zu sein. Die türkischen Behörden hätten ihn gezwungen, Dorfwächter zu werden. Während dieser Tätigkeit habe er keine Kontakte zur PKK gehabt. In der Bundesrepublik habe sich dies jedoch geändert. Er sei aber kein Mitglied, sondern lediglich Sympathisant. Das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 12.10.1988 ab; die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (Urteil der 10. Kammer des erkennenden Gerichts vom 02.10.1991 – 10 K 39/91 –).

Einen 1992 gestellten Asylfolgeantrag begründete der Kläger damit, er habe sich am 21.05.1992 an einer Demonstration der PKK in Brüssel beteiligt und sei ebenfalls an der Protestaktion vor dem türkischen Generalkonsulat in Karlsruhe Teilnehmer gewesen. Auch an sonstigen Demonstrationen und Veranstaltungen der PKK beteilige er sich. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erhobene Klage hatte teilweise Erfolg; mit Urteil der 6. Kammer des erkennenden Gerichts vom 12.12.1996 – 6 K 228/92.A – wurde die beklagte Bundesrepublik verpflichtet, festzustellen, dass der Abschiebung des Klägers in die Türkei ein Abschiebungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 AuslG entgegensteht. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe glaubhaft gemacht, sich in erheblichem Umfang in der Bundesrepublik Deutschland an exilpolitischen Aktivitäten zugunsten von dem linken Spektrum zuzurechnenden kurdischen Organisationen beteiligt zu haben. Der Kläger habe u.a. an einer Demonstration vor dem saarländischen Landtag im Jahr 1993 gegen das Verbot der PKK teilgenommen und weiter durch Vorlage von Lichtbildern belegt, an Demonstrationen in Bonn, Brüssel und B-Stadt teilgenommen zu haben. Insgesamt gehe das Gericht davon aus, dass er den türkischen Sicherheitsbehörden als engagierter, in Deutschland tätiger Regimegegner aufgefallen sei.

Mit Anhörungsschreiben vom 18.10.2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, aufgrund der Unterzeichnung der sogenannten PKK-Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK'ler” im Jahr 2001 lägen im Fall des Klägers tatsächliche Anhaltspunkte für die Unterstützung von Bestrebungen im Sinne von § 11 Nr. 2 StAG vor. Die Auswertung der Asylakte 6 K 228/92.A habe zudem ergeben, dass der Kläger als engagierter Vertreter der kurdischen Sache nach außen hin in Erscheinung getreten sei und auch für die PKK Propaganda gemacht habe. Die Einbürgerung sei damit solange ausgeschlossen, als er nicht glaubhaft mache, sich von der bisherigen Verfolgung bzw. Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt zu haben.

Der Kläger ist dem entgegen getreten und hat mit Anwaltsschriftsatz geltend gemacht, die in dem Urteil der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes aufgeführten Aktivitäten hätten nicht der PKK gegolten, sondern seien davon unabhängig mit dem Ziel der Anerkennung der Kurden als Volk entfaltet worden. Es sei bei den Aktivitäten darum gegangen, dass den Kurden in der Türkei mehr Rechte gewährt würden. Vor dem saarländischen Landtag habe der Kläger nicht gegen das Verbot der PKK sondern gegen das Verbot des kurdischen Kultur- und Unterstützungsvereins demonstriert. Das durch das Bundesministerium des Innern 1993 ausgesprochene Betätigungsverbot habe der Kläger anerkannt und seine Aktivitäten, die auf eine Unterstüt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge