Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung eines Bahnbeamten unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen
Leitsatz (amtlich)
Trotz sachlichen Grundes für eine Umsetzung kann diese ermessensfehlerhaft sein, wenn sie für den Beamten mit gewichtigen Nachteilen verbunden ist, deren Verhinderung die Fürsorgepflicht fordert. Ist ein solcher Nachteil ersichtlich, hat der Dienstherr zu prüfen, ob der Beamte behördenintern so eingesetzt werden kann, dass dieser Nachteil nicht entsteht oder zumindest abgemildert werden kann. Hinsichtlich der Bahnbeamten ist “behördenintern” in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass davon der gesamte aus der ehemaligen Bundesbahn hervorgegangene Bahnbetrieb umfasst wird.
Tatbestand
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Richtige Antragsgegnerin für das Begehren der Antragstellerin, zumindest zunächst der Umsetzung nach Schwerin nicht Folge leisten zu müssen, ist (nur) das Bundeseisenbahnvermögen.
Die Antragstellerin ist als Bahnbeamtin gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Deutsche Bahn Gründungsgesetz (DBGrG) der Deutsche Bahn AG und nach der gemäß § 2 Abs. 1 DBGrG erfolgten Ausgliederung der Beigeladenen entsprechend § 23 DBGrG zugewiesen. § 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Satz 1 der Verordnung über die Zuständigkeit der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft für Entscheidungen in Angelegenheiten der zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens (DBAGZuStV) überträgt der Beigeladenen die Ausübung der beamtenrechtlichen Entscheidung über die Umsetzung der zugewiesenen Beamten, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist. Dies führt jedoch nicht dazu, dass auch die Beigeladene als Dienstherr – und damit für diesen Antrag passiv legitimiert – der Antragstellerin gegenübertritt. Sie übt die Entscheidung über die weitere Verwendung der Beamten vielmehr für das Bundeseisenbahnvermögen aus, welches der alleinige Dienstherr der Antragstellerin bleibt. Der Anspruch der Antragstellerin auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über ihren dienstlichen Einsatz richtet sich gegen das Bundeseisenbahnvermögen; dieses allein trägt die Verantwortung für die Einhaltung der beamtenrechtlichen Vorschriften (vgl. zu all dem BVerwG, Urt. v. 11.02.1999 BVerwGE 108, 274 und Beschl. v. 13.11.2002 Buchholz 11 Art. 143a GG Nr. 3).
2. Der Antrag ist bei der gemäß § 88 VwGO gebotenen Auslegung des Begehrens auch statthaft.
Zwar handelt es sich bei der gegenüber der Antragstellerin ergriffenen Maßnahme nicht um eine Versetzung, denn weder das Amt noch die Beschäftigungsbehörde oder auch nur die aus der Deutsche Bahn AG ausgegliederte GmbH der Dienstzuweisung ändern sich. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einer derartigen Umsetzung der Charakter einer Regelung mit Außenwirkung; sie ist deshalb kein Verwaltungsakt (vgl. nur BVerwGE 60, 144). Auch wenn nach § 126 BRRG gleichwohl ein Vorverfahren durchzuführen ist, führt dies nicht dazu, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt werden könnte (vgl. Finkelnburg/Jank Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren 4. Auflage 1998 S. 98). Der Antrag der anwaltlich nicht vertretenen Antragstellerin ist aber als auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung, dass die Antragstellerin vorläufig der Umsetzung nicht Folge zu leisten braucht, auszulegen und zulässig.
Entscheidungsgründe
II. In dieser Gestalt ist der Antrag auch begründet. Die Antragstellerin hat mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass die Entscheidung, sie zum Call-Center nach Schwerin umzusetzen, rechtswidrig ist. Angesichts der gesundheitlichen Belastungen der Antragstellerin liegt auch ein Anordnungsgrund vor.
1. Die Entscheidung, die Antragstellerin zum Call-Center nach Schwerin umzusetzen, dürfte rechtswidrig sein.
Für die Rechtmäßigkeit einer Umsetzung ist nicht wie bei der Versetzung ein vom Gericht voll nachprüfbares “dienstliches Bedürfnis” Tatbestandsvoraussetzung. Sie ist aus jedem sachlichen Grund nach pflichtgemäßem Ermessen des Dienstherrn zulässig (st. Rspr des BVerwG, Nachweise bei Plog/Wiedow/Lemhöfer ; BBG/BeamtVG, § 26 BBG Rdnr 46). Bei der Ermessensausübung sind dem Dienstherrn weite Grenzen gesetzt, die vom Gericht vorzunehmende Überprüfung beschränkt sich dementsprechend darauf, ob Ermessensfehler vorliegen.
Unter Berücksichtigung der der Antragsgegnerin obliegenden Pflichten (a) sind vorliegend nach Maßgabe der für Umsetzungen geltenden Maßstäbe (b) derartige Ermessensfehler festzustellen (c).
a) Die Ermessensbetätigung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Antragstellerin ist vom Dienstherrn, der Antragsgegnerin, vorzunehmen bzw. dieser zuzurechnen. Zwar sind der Deutsche Bahn AG durch die DBAGZustV eine Vielzahl von beamtenrechtlichen Entscheidungen “zur Ausübung” übertragen worden. Dies führt aber nicht dazu, dass diese Entscheidungen vom Dienstherrn quasi nur noch akzeptiert werden können, sofern sie nicht greifbar gesetzeswidrig sind. Eine solche Auslegung der DBAGZustV dürfte mit Art. 143a GG nic...