3.1 Haftungsmaßstab

Die dargelegten Grundsätze für die Verkehrssicherungspflicht einer Kommune bei Straßenbäumen lassen sich nur teilweise auf die Anforderungen an die Pflichten des privaten Grundstückseigentümers übertragen.[1]

Für Privatleute sind die Anforderungen i. d. R. geringer. Diese müssen nicht laufend, sondern nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung durchführen. Es kann auch nur eine – wenn auch gründliche – Sichtprüfung auf für einen Laien erkennbare Probleme verlangt werden, also etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall. Nur wenn danach Probleme erkannt werden, muss ein Baumfachmann hinzugezogen werden.[2]

Dies gilt auch für ältere Bäume, denn ein allgemein anerkannter Grundsatz, dass von älteren (und i. d. R. auch alt werdenden) Bäumen eine schwerer zu erkennende Gefahr ausginge, existiert nicht.[3]

Auch der Schiefstand eines Baumes erfordert für sich genommen keine besonderen Sicherungsmaßnahmen.[4]

Grenzbaum

Allerdings kann die Rechtslage bei an Grundstücksgrenzen stehenden Bäumen ähnlich zu beurteilen sein wie bei solchen, die an eine öffentliche Straße grenzen. Denn ein Grenzbaum stellt stets eine mögliche Gefahrenquelle für ein Nachbargrundstück dar, wobei der Umfang der Gefahr im Verhältnis zu Standort, Größe und Beschaffenheit des Baumes steht: Je näher ein Baum an der Grundstücksgrenze steht, je größer und älter er ist und je stärker er durch Krankheiten, Umwelteinflüsse etc. geschädigt ist, desto höher ist die von ihm für das Nachbargrundstück ausgehende potenzielle Gefahr. Dementsprechend erhöht sich die Pflicht eines Grundstückseigentümers, ausreichende Gefahrenvorsorge zu treffen, in dem Maße, wie sich durch Wachstum, Alterung und sonstige Faktoren Gefahrenmöglichkeiten und Schwere einer möglichen Schädigung steigern.[5]

Bei einem Baum mit einem Stammdurchmesser von ca. 1,5 m und einer Höhe von gut 30 m, der unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück steht, erscheint ein Beobachten etwa im halbjährigen Rhythmus als ausreichend, aber auch notwendig.[6]

[1] Ausführlich Weick, NJW 2011, S. 1702, auch zu Problemen bei Bestehen einer Baumschutzsatzung und Fragen der Haftpflichtversicherung.
[2] OLG Oldenburg, Urteil v. 11.5.2017, 12 U 7/17, MDR 2017 R15.
[4] AG München, Urteil v. 16.6.2016, 233 C 16357/14.
[6] AG Hermeskeil, Urteil v. 22.5.2002, 1 C 288/01, BeckRS 2011, 05139; OLG Schleswig, a. a. O.

3.2 Beseitigungsanspruch des Nachbarn?

Inwieweit ein Grundstücksbesitzer von seinem Nachbarn die Entfernung eines "bedrohlichen" Baumes verlangen kann, wird im Einzelfall unterschiedlich beurteilt.

Unterhält der Eigentümer auf seinem Grundstück einen Baum, der allein infolge seines Alters auf das Nachbargrundstück stürzen kann, ist er Störer i. S. d. § 1004 Abs. 1 BGB und zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet.[1]

Meist besteht jedoch kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn dies setzt voraus, dass von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden. Wenn jedoch beispielsweise Baumkronen allein infolge des Sturms als Naturereignis abgebrochen sind, bestand kein Zustand, der Gegenstand eines Beseitigungsanspruchs hätte sein können. Nachbarn sind vielmehr nach § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet, solche – gesunden – Bäume zu dulden.[2]

[2] OLG Brandenburg, Urteil v. 22.10.2015, 5 U 104/13, r+s 2016 S. 41; BGH, Urteil v. 23.4.1993, V ZR 250/92, NJW 1993 S. 1855; a. A. OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.1.2002, 4 U 73/01, VersR 2003 S. 74 (Ausgleichsanspruch).

3.3 Herabfallende Baumfrüchte

Hauseigentümer müssen nicht für Schäden durch Walnussbäume einstehen, welche über die Grundstücksgrenze ragen.

 
Praxis-Beispiel

Gefährlicher Parkplatz

Die Äste eines Walnussbaums reichten 1,5 m auf ein Nachbargrundstück, auf dem der Kläger seinen Pkw abgestellt hatte. Der beklagte Baumbesitzer hatte den Walnussbaum regelmäßig zurückgeschnitten. Der Kläger behauptete, durch starke Winde seien mehrere Walnüsse und mit Nüssen behangene Äste von dem Walnussbaum auf sein Fahrzeug gefallen und hätten dabei mehrere Dellen am Gehäuse, der Motorhaube und dem Dach verursacht. Der Kläger war im Rahmen seiner Schadensersatzklage der Ansicht, der Beklagte müsse dafür sorgen, dass von dem Walnussbaum keine Gefahren ausgehen.

Doch das AG Frankfurt[1] befand, dass der Kläger im Herbst bei einem Walnussbaum mit dem Herabfallen von Nüssen rechnen musste, denn dies ist eine natürliche Gegebenheit. Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Baum krank gewesen ist. Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswe...

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