1 Leitsatz

Ob Schadensersatzansprüche wegen eines Substanzschadens an dem gemeinschaftlichen Eigentum, an dem ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist (hier: Entfernung von Pflanzen im Bereich einer Sondernutzungsfläche), dem Sondernutzungsberechtigten oder den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehen, richtet sich in erster Linie nach dem Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts; maßgeblich sind insoweit die Vorgaben der Gemeinschaftsordnung.

2 Normenkette

§ 9a Abs. 2 WEG

Sachverhalt

Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B Schadensersatz wegen der Rodung einer Weide und eines Holunderstrauchs. K stützt seinen Anspruch auf sein Sondernutzungsrecht an der betroffenen Grundstücksfläche. Im Verfahren ist streitig, welches Gericht für die Geltendmachung dieses Anspruchs zuständig ist. Der BGH entscheidet sich dafür, dass eine WEG-Streitigkeit vorliegt. Für das weitere Verfahren erteilt er Hinweise zur Frage, ob K den Anspruch selbst geltend machen kann.

2.1 Die Entscheidung

Ob Schadensersatzansprüche wegen eines Substanzschadens an dem gemeinschaftlichen Eigentum, an dem ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist, dem Sondernutzungsberechtigten oder den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustünden, richte sich nach dem Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts; maßgeblich seien die Vorgaben der Gemeinschaftsordnung. Das Sondernutzungsrecht könne dem Berechtigten Rechte verleihen, die weiter reichten als diejenigen, die einem Besitzer und Miteigentümer üblicherweise zustünden. Der Anspruch auf Ersatz des Substanzschadens werde dem Sondernutzungsberechtigten jedenfalls dann zugewiesen sein, wenn er nach den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung wie ein Eigentümer gestellt sein solle bzw. auf eigene Kosten über die Gestaltung der Sondernutzungsfläche frei entscheiden dürfe.

Hinweis

  1. Wem der Schadensersatz zusteht, ist zunächst die Frage danach, in wessen Eigentum die Weide und der Holunderstrauch standen. Diese Frage beantwortet das BGB. Unabhängig davon, wer Weide und Holunderstrauch pflanzte und sie z. B. in einem Gartencenter kaufte: Weide und Holunderstrauch gehören nach ihrer Verbindung mit Grund und Boden grundsätzlich allen Wohnungseigentümern. Werden sie beschädigt, steht daher der entsprechende Schadensersatzanspruch allen Wohnungseigentümern zu.
  2. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn nach einer Vereinbarung nur ein Wohnungseigentümer berechtigt sein soll, das Recht auf Schadensersatz durchzusetzen. Insoweit ist es mit dem BGH richtig anzunehmen, dass in aller Regel der Wohnungseigentümer Schadensersatz für einen wesentlichen Grundstücksbestandteil verlangen kann, der nach einer Umlagevereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer für seine Erhaltung zu tragen hat.
  3. Dem Sondernutzungsberechtigten ist es erlaubt, die Räume oder die Flächen, die seinem Sondernutzungsrecht unterliegen, allein zu gebrauchen. In seinem Gebrauch ist der Sondernutzungsberechtigte grundsätzlich frei. Hat der Raum oder die Fläche, an der ein Sondernutzungsrecht besteht, einen "Namen", wird hierin in der Regel allerdings eine Vereinbarung gesehen, die die Gebrauchsrechte des Berechtigten einschränken soll: nicht jeder denkbare Gebrauch soll also erlaubt sein, sondern nur ein Gebrauch, der dem "Namen" entspricht. Ferner können die Wohnungseigentümer zum Gebrauch eines Sondernutzungsrechts eine konkretisierende Gebrauchsregelung vereinbaren oder beschließen. Ist eine konkretisierende Gebrauchsregelung vereinbart, ist häufig auszulegen, was gewollt ist. Überblick:

    • Gartensondernutzungsrecht. Besteht ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche, darf der Sondernutzungsberechtigte nach h. M. dort eine "Gartenpflege" betreiben, also Maßnahmen, die der Pflege, Erhaltung oder Bewahrung der Gartenfläche dienen. Veränderungen des "prägenden Bestands" sollen hingegen unzulässig sein, so im Einzelfall etwa die Anlegung eines "Marmor-", eines "japanischen Stein-" oder eines "Skulpturengartens". Problematisch soll das Fällen von Bäumen sein. Zu den üblichen Garten-Maßnahmen zählen in der Regel folgende Maßnahmen: die für den Erhalt der Pflanzen notwendige Bewässerung, der übliche Baumschnitt, das Auslichten von Bäumen, die Erneuerung abgestorbener Pflanzen und das Rasenmähen und Heckenschneiden. Was im Übrigen nicht jeder an einem Gartensondernutzungsrecht Berechtigte weiß, aber jeder wissen sollte: Eingesetzte und angesäte Pflanzen werden grundsätzlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks, sodass sie gemeinschaftliches Eigentum (= Eigentum aller Wohnungseigentümer) werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Sondernutzungsberechtigte die Pflanzen nur zu einem vorübergehenden Zweck einsetzt, sodass diese nur ein sog. "Scheinbestandteil" des Grundstücks werden. Diese Annahme ist bei langlebigen Pflanzen allerdings eher selten. Ein vorübergehender Zweck ist aber beispielsweise dann anzunehmen, wenn es sich um einjährige Nutzpflanzen handelt, deren Zweck im alsbaldigen Verzehr besteht.
    • Kfz-Stellplatz-Sondernutzungsrecht. Besteht ein Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellpl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge