"Was zu vereinbaren ist, kann nicht beschlossen werden, solange nicht vereinbart ist, dass dies auch beschlossen werden darf." Das vom BGH am 20.9.2000 proklamierte Ende der Zitterbeschlüsse[1] hatte die Bedeutung vereinbarter Öffnungsklauseln in ein ganz besonderes Licht gerückt. Vielfach falsch verstandene "Narrenfreiheit" in entsprechender Beschlussfassung hat den BGH[2] später dann zu der Klarstellung genötigt, dass vereinbarte Öffnungsklauseln lediglich eine formelle Legitimation für Mehrheitsentscheidungen darstellen und ihre materiell-rechtliche Reichweite eingegrenzt. Zunächst sind Beschlüsse, die auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefasst werden, grundsätzlich nur insoweit materiell überprüfbar, als das "Ob" und das "Wie" der Änderung nicht willkürlich sein dürfen. Anders ist es allerdings bei Beschlüssen, die unverzichtbare oder unentziehbare, aber verzichtbare ("mehrheitsfeste") Rechte betreffen. Diese unterliegen einer weiterreichenden Kontrolle.[3]

Öffnungsklauseln selbst können wirksam nur vereinbart werden. Um Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern von Wohnungseigentümern zu entfalten, bedürfen sie der Eintragung ins Grundbuch. Dies ist insbesondere bei nachträglich vereinbarten Öffnungsklauseln zu beachten. Ist die Öffnungsklausel im Grundbuch nicht eingetragen, entfalten auch auf Grundlage der Öffnungsklausel gefasste Beschlüsse keine Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern. Nach derzeitiger Rechtslage werden solche Beschlüsse im Fall eines Eigentümerwechsels dann gegenüber allen Wohnungseigentümern wirkungslos. Nach künftiger Rechtslage dürfte der Beschluss im Grundbuch nicht eintragungsfähig sein.

Die materielle Regelungsreichweite ist abhängig vom Wesen der Öffnungsklausel. Verbreitet und zulässig[4] sind einerseits allgemeine Öffnungsklauseln, die eine unbeschränkte Beschlusskompetenz verleihen.

 

Musterklausel: Allgemeine Öffnungsklausel

"Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden."

Zulässig sind insbesondere aber auch konkrete bzw. spezifizierte Öffnungsklauseln, die lediglich eine beschränkte Beschlusskompetenz verleihen.

 

Musterklausel: Spezifizierte Öffnungsklausel

"Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung zur Kostenverteilung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden."

4.1 Spezifizierte Öffnungsklausel

Mit Blick auf spezifizierte Öffnungsklauseln ist zunächst von erheblicher Bedeutung, dass Beschlüsse nichtig sind, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen der vorgegebenen Konkretisierung halten.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel

Erlaubt die Öffnungsklausel die mehrheitliche Beschlussfassung über eine Abänderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels, können die Wohnungseigentümer eine Haftung des Erwerbers für Hausgeldrückstände des veräußernden Wohnungseigentümers nicht beschließen.

Auch Beschlüsse auf Grundlage einer spezifizierten Öffnungsklausel werden unter Geltung des WEMoG der Eintragung ins Grundbuch bedürfen, um gegen Rechtsnachfolger von Wohnungseigentümern zu wirken. Nach Auffassung des Gesetzgebers kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Beschluss aufgrund einer Vereinbarung gefasst wurde, allein dieses formale Merkmal sei entscheidend.[1] Dies ist wenig nachvollziehbar, da die spezifizierte Öffnungsklausel gerade mehr oder weniger exakt umreißt, was Gegenstand einer potenziellen Beschlussfassung sein kann und sich insoweit in nichts von gesetzlichen Öffnungsklauseln unterscheidet.

Mit Blick auf Beschlussgegenstände, die sich im Rahmen der gesetzlichen Öffnungsklauseln halten, wird allerdings klargestellt, dass Beschlüsse aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel, die eine gesetzliche Öffnungsklausel wiederholen oder sich mit dieser inhaltlich decken, nicht eintragungsfähig seien.[2]

Von ganz erheblicher praktischer Relevanz ist in diesem Zusammenhang freilich die Rangfolge von Gesetz und Vereinbarung. Das derzeit noch geltende WEG-Änderungsgesetz aus dem Jahr 2007 hat gerade im Fall der besonders praxisrelevanten Kostenverteilungsänderung die zwingende gesetzliche Geltung der Öffnungsklauseln von § 16 Abs. 3 und 4 WEG a. F. angeordnet. Insoweit regelt Absatz 5 dieser Vorschrift, dass die insoweit eingeräumten gesetzlichen Beschlusskompetenzen auch durch Vereinbarung nicht einschränkbar sind.

 
Praxis-Beispiel

Änderung der Kostenverteilung

Die Gemeinschaftsordnung regelt die Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen und enthält weiter eine Bestimmung, nach der dieser Kostenverteilungsschlüssel mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer durch Beschluss abgeändert werden kann.

Da § 16 Abs. 3 WEG a. F. eine einfach-mehrheitliche Änderung des Verteilungsschlüssels für die Betriebs- und Verwaltungskosten vorsieht und die Regelungsreichweite di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge