2.1 Grundsätze

Nach § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Besteller "verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist". Bei der Abnahme handelt es sich also neben der Werklohnzahlung um eine Hauptpflicht des Vertragspartners des Werkunternehmers. Unter der Abnahme wird "die körperliche Entgegennahme der Werkleistung, verbunden mit deren Billigung als in der Hauptsache vertragsgemäßer Leistung" verstanden. Nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB kann die Abnahme bei lediglich unwesentlichen Mängeln nicht verweigert werden.

2.2 Zeitpunkt

Die Abnahme setzt die "Abnahmereife" der Werkleistung voraus. Diese liegt dann vor, wenn das hergestellte Werk vertragsgemäß ist und keine wesentlichen Mängel aufweist. Liegt Abnahmereife vor, ist der Besteller zur Abnahme verpflichtet. Auch wenn es noch an der "Abnahmereife" fehlt, hindert dies den Besteller nicht daran, bereits zu diesem Zeitpunkt die ausdrückliche Abnahme zu erklären.[1] Allerdings muss der Wille des Bestellers wegen der erheblichen Konsequenzen der Abnahme insoweit unzweifelhaft und eindeutig zum Ausdruck kommen.[2]

Unwesentliche Mängel

Die Abnahme kann nicht verweigert werden, wenn das Werk lediglich unwesentliche Mängel aufweist. In Beantwortung der Frage, ob ein Mangel wesentlich oder unwesentlich ist, sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen der beiden Vertragsparteien abzuwägen. Für den Besteller ist die Abnahme trotz vorhandener Mängel dann zumutbar, je geringer die Abweichung von dem vertraglichen Bau-Soll ist. Maßgeblich ist stets das Bau-Soll und damit die spezifischen Vereinbarungen der Vertragsparteien. Insoweit kann auch eine Leistung mangelhaft sein und zur Abnahmeverweigerung berechtigen, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Wird also eine vom Besteller vorgegebene Art und Weise der Bauausführung nicht beachtet, ist die Werkleistung trotz Einhaltung technischer Vorgaben mit einem wesentlichen Mangel behaftet.

Für die Abgrenzung zwischen wesentlichem und unwesentlichem Mangel sind folgende Kriterien zu prüfen:[3]

  • Höhe der Mängelbeseitigungskosten bzw. Umfang der Mängelbeseitigungsmaßnahmen,
  • Auswirkungen des Mangels auf die Funktionsfähigkeit der Gesamtwerkleistung und
  • Ausmaß (ggf. nur optische Beeinträchtigung).

Sicherheitsrelevante Abweichungen vom Bau-Soll stellen stets einen wesentlichen Mangel dar. Dies gilt auch dann, wenn der Aufwand für die Mängelbeseitigung in Bezug auf die Gesamtbausumme nur einen verschwindend kleinen Bruchteil ausmacht.

 
Praxis-Beispiel

Das fehlende Geländer

Der Bauträger errichtet eine Wohnanlage. Am Treppenlauf vom 1. zum 2. Obergeschoss fehlt das Treppengeländer. Auch wenn hier das Treppengeländer für einige Hundert Euro nachgerüstet werden kann, kann die Abnahme berechtigt verweigert werden. Ein fehlendes Treppengeländer birgt erhebliche Gefahren für Leib und Leben.

Zweifellos kann auch eine Vielzahl unwesentlicher Mängel einen wesentlichen Mangel darstellen, der zur Abnahmeverweigerung berechtigt.

[3] OLG München, Urteil v. 15.1.2008, 13 U 4378/07, BauR 2008 S. 1163.

2.3 Form der Abnahme

Wie die Abnahme zu erfolgen hat, ist im BGB nicht geregelt. Sie setzt jedenfalls eine entsprechende Erklärung des Bestellers voraus, die freilich in vielfältiger Weise (auch stillschweigend) erfolgen kann. Eine AGB-Klausel im Bauträgervertrag, wonach "das Kaufobjekt spätestens mit dem Einzug des Käufers in die Wohnung als abgenommen gilt", verstößt gegen § 309 Nr. 8 b) ff) BGB;[1] zur AGB-Kontrolle beim Bauträgervertrag siehe Grundstücksrecht (ZertVerwV), Kap. 1.2.3).

Abnahme beim Werkvertrag

2.3.1 Ausdrückliche Abnahme

Für die Abnahme existieren keine Formvorschriften. Grundsätzlich würde es also ausreichen, dass der Besteller die Abnahme mündlich gegenüber dem Unternehmer erklärt. Hierbei müsste nicht einmal das Wort "Abnahme" verwendet werden.

2.3.2 Förmliche Abnahme

Bereits zu Beweiszwecken regeln Bau- bzw. Bauträgerverträge in Anlehnung an § 12 Nr. 4 VOB/B in aller Regel die sog. "förmliche Abnahme". Besteller und Unternehmer vereinbaren einen Termin zur gemeinsamen Abnahme. Das Ergebnis der Abnahme wird in einem Abnahmeprotokoll vermerkt, in dem etwaige vorhandene Mängel gelistet werden. Das Protokoll wird von Besteller und Unternehmer unterzeichnet. Da die förmliche Abnahme im Werkvertragsrecht des BGB selbst nicht geregelt ist, muss sie ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart werden.

2.3.3 Konkludente Abnahme

Findet eine förmliche Abnahme nicht statt, kann eine Abnahme auch durch schlüssiges Verhalten und somit konkludent erfolgen. Dies erfolgt z. B. durch Einzug in die Wohnung, womit der jeweilige Wohnungseigentümer die Werkleistung des Unternehmers körperlich entgegennimmt. Dies ist allerdings nur der erste Bestandteil der Abnahme. Weiterer Bestandteil der Abnahme ist die Billigung des Werks durch den Wohnungseigentümer. ...

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