Alexander C. Blankenstein
Was das Teilnahmerecht von Beratern angeht, sind zunächst die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung maßgeblich. Ist ein Teilnahmeverbot vereinbart, ist dies einzuhalten. Aber auch dann, wenn ein Teilnahmeverbot nicht ausdrücklich vereinbart ist, gilt der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit, wonach ebenfalls ein Teilnahmeverbot Dritter besteht. Auch Berater haben also kein Teilnahmerecht.
Teilnahme von Rechtsanwälten
Ist nichts Gegenteiliges vereinbart (qualifizierte Vertreterklausel), kann sich jeder Wohnungseigentümer in der Versammlung auch durch einen Anwalt vertreten lassen. Dann aber hat der Wohnungseigentümer kein Teilnahmerecht mehr, was in aller Regel nicht gewollt ist. Regelmäßig soll der Anwalt nämlich für den Wohnungseigentümer beratend tätig sein. Hierfür müssen gute Gründe sprechen.
Ist der Wohnungseigentümer einfach nur mit den übrigen Eigentümern zerstritten, ist dies jedenfalls zu verneinen. Wohl aber können ein hohes Alter und geistige Gebrechlichkeit die Teilnahme des Beraters rechtfertigen.
Unabhängig hiervon kann auch die rechtliche Komplexität eines zu behandelnden Tagesordnungspunkts die Teilnahme des Anwalts rechtfertigen. In diesem Fall ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Wohnungseigentümer bereits im Vorfeld der Versammlung in der Lage ist, sich Rechtsrat zu komplizierten Themen einzuholen. Das ist gerade der zentrale Punkt, warum die Ladungsfrist seit Inkrafttreten des WEMoG nicht mehr 2, sondern 3 Wochen beträgt.
Zu prüfen ist stets auch die Möglichkeit, ob sich der Anwalt nicht außerhalb des Versammlungsraums aufhalten kann. Der Verwalter kann dann die Wohnungseigentümerversammlung darauf aufmerksam machen, dass ein Wohnungseigentümer seinen Anwalt mitgebracht hat, der sich außerhalb des Versammlungsraums aufhält. Durch Geschäftsordnungsbeschluss kann dann geregelt werden, dass die Versammlung unterbrochen wird, sollte der betreffende Wohnungseigentümer Beratungsbedarf haben.
Kein Rederecht des Anwalts
Verwalter sollten stets beachten, dass der den Wohnungseigentümer begleitende Rechtsanwalt nicht plötzlich für den Wohnungseigentümer das Wort ergreift und aufgrund etwaiger rhetorischer Fähigkeiten die Diskussion in eine Richtung leitet, die eine Willensbildung der übrigen Wohnungseigentümer erschwert. Sollte er im Ausnahmefall also zu einer Teilnahme neben dem Wohnungseigentümer berechtigt sein, steht ihm jedenfalls kein Rederecht zu.
Verwalter bringt Rechtsanwalt mit
Lässt sich der Verwalter von einem Rechtsanwalt begleiten, sind grundsätzlich 2 Konstellationen zu unterscheiden:
- Die Anwesenheit des Anwalts soll den Interessen der Wohnungseigentümer dienen.
- Der Anwalt ist ausschließlich im Interesse des Verwalters anwesend.
Keine Bedenken bestehen, wenn der Verwalter zur Information und Meinungsbildung der Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zu dem einen oder anderen Tagesordnungspunkt hinzuzieht. Voraussetzung ist lediglich, dass kein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer gegeben ist und kein Wohnungseigentümer der Anwesenheit des Dritten widerspricht. Ausreichend soll auch ein entsprechender Geschäftsordnungsbeschluss sein.
Fairnessgebot beachten
Ist ein Rechtsanwalt im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung anwesend, der gegen die Interessen eines einzelnen Wohnungseigentümers tätig werden soll, so wird man dem Eigentümer, gegen den die Beratung gerichtet ist, die Begleitung durch einen eigenen Rechtsanwalt zugestehen müssen. Es verstößt gegen das Fairness- und das gemeinschaftliche Rücksichtnahmegebot, wenn nur eine Seite anwaltlich beraten wird.
Steht im Übrigen ein schwieriger Sachverhalt zur Beschlussfassung an und soll ein Anwalt insoweit im Interesse aller Wohnungseigentümer tätig werden, ist stets ein 2-stufiges Verfahren sinnvoll:
- Der Verwalter klärt die Wohnungseigentümer anlässlich der Wohnungseigentümerversammlung über die rechtliche Problematik auf und empfiehlt die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der zu der rechtlichen Fragestellung entweder durch ein schriftliches Gutachten oder durch Teilnahme an einer gesondert einzuberufenden weiteren Wohnungseigentümerversammlung Stellung beziehen soll. Im entsprechenden Beschluss werden auch Honorarhöhe und Finanzierung der Anwaltsvergütung geregelt. Selbstverständlich ist auch dieser Beschluss im Ladungsschreiben anzukündigen.
- Wünschen die Wohnungseigentümer die Beratung anlässlich einer Wohnungseigentümerversammlung, sollte der Verwalter aus Kostengründen – so noch weitere Tagesordnungspunkte zur Diskussion stehen – den beratungswürdigen Teil der Versammlung möglichst an deren Anfang setzen, wenn ein Stundenhonorar mit dem Rechtsanwalt vereinbart wird.
Sollte der Verwalter in seinem eigenen Interesse zum Schutz seiner Rechtsposition einen Anwalt zur Versammlung mitbringen, muss er damit rechnen, dass dieser umsonst angereist ist. Widerspricht auch nur einer der Wohnungseigentümer der Teiln...