2.6.1 Grundsätze

Der Versammlungsleiter ruft die einzelnen Punkte der Tagesordnung in der Reihenfolge auf, die in der Einladung angegeben ist. Er hat den Wohnungseigentümern Gehör im Rahmen der Diskussion über die einzelnen Beschlussgegenstände zu verschaffen. Er informiert die Teilnehmer über den Sachstand des jeweils aufgerufenen Tagesordnungspunkts und erläutert die Notwendigkeit einer Entscheidung der Versammlung durch Beschluss (z. B. Information zum Stand einer Erhaltungsmaßnahme und die Erforderlichkeit einer Sonderumlage). Er bittet die Teilnehmer um Wortbeiträge bzw. leitet die Diskussion mit einer Frage an die Anwesenden ein. Zum Ende der Diskussion empfiehlt sich eine Zusammenfassung der Wortbeiträge, wobei wichtige Punkte herauszustellen sind.

Nach Ende der Diskussion stellt der Verwalter den von ihm vorbereiteten Beschlussantrag zur Abstimmung. Werden aus dem Kreis der Teilnehmer ebenfalls Beschlussanträge gestellt, so sind diese vom Vorsitzenden oder Protokollführer wörtlich zu notieren. Über den weitestgehenden Beschlussantrag ist zuerst abzustimmen. Wird der Beschlussantrag angenommen, erübrigt sich die Abstimmung über die weniger weitgehenden Beschlussanträge. Verkennt der Verwalter insoweit, dass eine Beschlussfassung vom angekündigten TOP nicht mehr gedeckt ist, muss dies nicht auf grobem Verschulden beruhen. Wird ein Beschlussantrag aus den Reihen der Wohnungseigentümer im Anschluss an eine Diskussion formuliert, der entweder gerade noch oder nicht mehr hinreichend bestimmt gefasst ist, handelt auch der gewerbliche Verwalter nicht grob fahrlässig, wenn er nicht sofort eine rechtliche Adhoc-Bewertung vornimmt.[1] Allerdings wird stets einfache Fahrlässigkeit vorliegen, was für den Verwalter eine Regressgefahr hinsichtlich der Kosten eines erfolgreichen Anfechtungsverfahrens birgt.

[1] LG Hamburg, Beschluss v. 13.9.2018, 318 T 13/18, ZMR 2019 S. 68.

2.6.2 Abschließende Beschlussfassung noch nicht möglich

Für den Fall, dass den Wohnungseigentümern im Rahmen der Wohnungseigentümerversammlung eine abschließende Beschlussfassung nicht möglich sein sollte, etwa weil für eine Beschlussfassung noch nicht alle Informationen vorliegen oder aber auch mit Blick auf die Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der erstellten Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG ggf. noch Änderungen am Abrechnungswerk selbst erforderlich werden (z. B. weil bei einzelnen Positionen ein falscher Kostenverteilungsschlüssel zur Anwendung gekommen ist), können die Wohnungseigentümer das Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG nutzen, um auch ohne Versammlung eine Mehrheitsentscheidung herbeiführen zu können.

§ 23 Abs. 3 Satz 2 WEG erfordert eine ausdrückliche Beschlussfassung zur Ermöglichung der Mehrheitsentscheidung. Nicht ausreichend wäre, dass die Wohnungseigentümer zwar mehrheitlich (noch) keine Beschlussfassung wollen, der Verwalter aber ohne ausdrücklichen Beschluss eine entsprechende Mehrheitsentscheidung initiiert.

Bereits der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG begrenzt die Beschlusskompetenz auf einen einzelnen Beschlussgegenstand. Dies hat per se die Nichtigkeit eines Beschlusses zur Folge, nachdem stets die Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG ausreichend wäre. Auch wenn ein derartiger Beschluss nicht angefochten würde, bewirkt seine Nichtigkeit, dass in der Folge lediglich mehrheitlich gefasste Beschlüsse im Umlaufverfahren als Nichtbeschlüsse unbeachtlich wären.

 

Beschlussverkündung

Zustande gekommen ist auch ein Beschluss im Umlaufverfahren erst mit seiner Verkündung, was auch für die Mehrheitsentscheidung auf Grundlage von § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG gilt. Auch für die Existenz eines Umlaufbeschlusses ist die Verkündung unabdingbare Voraussetzung. Mangels Verkündung würde es sich also lediglich um einen bedeutungslosen Nichtbeschluss handeln, der keinerlei Rechtswirkung entfaltet. Nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist hat der Verwalter also das Beschlussergebnis zu verkünden.

Die Verkündung kann grundsätzlich in Textform, also insbesondere durch E-Mail, erfolgen, selbstverständlich erst recht durch entsprechendes Rundschreiben. Grundsätzlich toleriert der BGH auch eine Verkündung in Form eines Aushangs, z. B. am Schwarzen Brett im Treppenhaus der Wohnanlage,[1] wobei hiervon tunlichst Abstand genommen werden sollte, da insoweit auch außenstehenden Dritten entsprechende Kenntnisnahme möglich ist. Möglich soll es auch sein, dass der Verwalter schriftliche Beschlüsse in seinen Geschäftsräumen verkündet, so er die Wohnungseigentümer hierauf hingewiesen hat.

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