3.5.6.1 Grundsätze

Die Zustellung der Anfechtungsklage erfolgt gegenüber dem Verwalter als gesetzlichem Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies gilt grundsätzlich und für sämtliche Anfechtungsklagen. Ob der Verwalter den Beschlussmangel zu vertreten hat und insoweit ein Interessenkonflikt bestehen könnte, spielt keine Rolle.

Wird die Klage dem Verwalter zugestellt, sollte sie möglichst unverzüglich an einen Rechtsanwalt weitergeleitet und dieser mit der Vertretung der übrigen beklagten Wohnungseigentümer beauftragt werden. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verleiht dem Verwalter die entsprechende Ermächtigung hierzu.[1] Eines vorherigen Beschlusses der Wohnungseigentümer bedarf es insoweit nicht. Auch wenn der Verwalter das Verfahren für die beklagte Gemeinschaft selbst führen könnte, kommt aufgrund der Komplexität der Materie allein bereits bezüglich des Verfahrensrechts eine Verfahrensführung durch ihn allenfalls dann in Betracht, wenn er über ausgeprägte Rechtskenntnisse verfügt, will er sich nicht dem Vorwurf mangelhafter Verfahrensführung ausgesetzt sehen.

3.5.6.2 Streitwertvereinbarung

Die Streitwerte in Anfechtungsverfahren können teilweise sehr niedrig sein, sodass es für einen Rechtsanwalt unwirtschaftlich wäre, das Verfahren zu übernehmen. Das alte Recht verlieh daher dem Verwalter die Befugnis, innerhalb bestimmter Grenzen eine Streitwertvereinbarung zu treffen, nach der sich dann das Anwaltshonorar richtet. Das neue WEG kennt eine solche Regelung nicht mehr, allerdings ergibt sich die Ermächtigung des Verwalters weiterhin (ungeschrieben) aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG (siehe vertiefend Rechte und Pflichten des WEG-Verwalters (ZertVerwV), Kap. 2.3).

3.5.6.3 Bekanntgabe

Die Pflicht zur Bekanntgabe der Erhebung einer Beschlussklage (also insbesondere einer Anfechtungsklage) gegenüber den Wohnungseigentümern hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auch wenn § 44 Abs. 2 Satz 2 WEG insoweit den Verwalter als Informationspflichtigen benennt. Die Bekanntgabe hat unverzüglich zu erfolgen, also ohne schuldhaftes Zögern. Außer den Wohnungseigentümern und den werdenden Wohnungseigentümern ist sie auch ausgeschiedenen Wohnungseigentümern bekanntzumachen, wenn der angefochtene Beschluss noch im Zeitpunkt ihrer Eigentümerstellung gefasst wurde.[1] Da die richterliche Entscheidung gemäß § 44 Abs. 3 WEG auch gegenüber allen Wohnungseigentümern wirkt, soll den Wohnungseigentümern die Gelegenheit gegeben werden, sich als Nebenintervenienten an dem Verfahren beteiligen zu können. Eine Information an den klagenden Eigentümer ist nicht erforderlich; das gleiche gilt für den (exotischen) Fall, dass sämtliche Wohnungseigentümer einen Beschluss anfechten.[2]

Wie der Verwalter seiner Bekanntmachungspflicht nachkommen soll, ist gesetzlich nicht geregelt und bleibt letztlich ihm überlassen. Da die Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt, können die Wohnungseigentümer auch beschließen, wie der Verwalter bekanntzumachen hat. Im Übrigen ist es ausreichend, wenn der Verwalter den Wohnungseigentümern die Möglichkeit eröffnet, von der Klageerhebung mit hinreichender Sicherheit Kenntnis zu nehmen, sodass sie von ihren prozessualen Rechten Gebrauch machen können. Ein individueller Zugang beim einzelnen Wohnungseigentümer soll nach der Gesetzesbegründung dafür nicht erforderlich sein.[3] Der Verwalter sollte die Wohnungseigentümer zumindest in Textform entsprechend unterrichten und kann dies insbesondere per E-Mail.[4]

Eine Verpflichtung zur Übermittlung der Klage besteht ebenso wenig, wie eine solche zur Übermittlung von Schriftsätzen im laufenden Verfahren. Es besteht auch keine Verpflichtung zur Bekanntgabe des Termins zur mündlichen Verhandlung. Selbst über das Urteil muss er nicht informieren, da die Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 4 WEG ein Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen haben. Eine Informationspflicht dürfte jedoch im Fall des Einlegens der Berufung gegen das klageabweisende Urteil wieder aufleben.[5]

[2] Hügel/Elzer, WEG, § 44 Rn. 48.
[3] BT-Drs. 19/18791, S. 83.
[5] So auch Hügel/Elzer, WEG, § 44 Rn. 49.

3.5.6.4 Schriftliches Vorverfahren

Die Beauftragung des Rechtsanwalts sollte möglichst umgehend erfolgen. In aller Regel wird nämlich die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in der begleitenden richterlichen Verfügung aufgefordert, binnen 2 Wochen ihre Verteidigungsabsicht anzuzeigen, sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet. Die 2-Wochen-Frist ist in § 276 Abs. 1 ZPO geregelt. Da es sich um eine sog. "Notfrist" handelt, kann diese vom Gericht nicht verlängert werden. Wird sie nicht eingehalten, ergeht auf entsprechenden Antrag des klagenden Wohnungseigentümers nach § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Für den Fall, dass der Verwalter innerhalb der 2-Wochen-Frist keinen geeigneten Rechtsanwalt findet, muss er als Verfahrensführungsbe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge