1 Leitsatz

Klagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen Wohnungseigentümer, dessen Mieterin und deren Ehemann auf Duldung der Erhaltung eines Badezimmers, kann im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das für wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten örtlich und sachlich zuständige AG bestimmt werden.

2 Normenkette

§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; § 15 WEG

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K beabsichtigt, einen Wohnungseigentümer, dessen Mieterin und deren Ehemann auf Duldung der Erhaltung eines Badezimmers in Anspruch zu nehmen. Fraglich ist, ob das OLG für diese Klage das nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten örtlich und sachlich zuständige AG bestimmen kann.

4 Die Entscheidung

Das OLG bejaht die Frage! Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lägen vor. Im Fall bestünden überwiegende Gesichtspunkte für eine Zuständigkeit des AG. Dieses sei für die gegen den Wohnungseigentümer gerichtete Klage gem. § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG ausschließlich sachlich zuständig. Für die weiteren Antragsgegner, die Mieterin und ihren Ehemann, sei diese Zuständigkeit nicht gegeben. Die beabsichtigte Klage gegen sie gem. § 15 WEG falle weder in den Anwendungsbereich des § 43 Abs. 2 WEG noch des § 29a Abs. 1 ZPO. Die sachliche Zuständigkeit bestimme sich nach der Höhe des Streitwerts (§ 23 Nr. 1 GVG). Zuständig sei daher das LG. Dem Senat erscheine eine einheitliche Verhandlung des Rechtsstreits vor dem AG aber zweckmäßig, weil der Rechtsstreit auch gegen die Mieterin und ihren Ehemann eine große Sachnähe zum Wohnungseigentumsrecht und nicht zuletzt zum Mietrecht habe.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall muss ein zuständiges Gericht für 3 Beklagte bestimmt werden. Die Zuständigkeit ist auf Grundlage von Zweckmäßigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit im Wege einer Ermessensentscheidung zu bestimmen, wobei dem räumlichen Schwerpunkt eines Rechtsstreits besonderes Gewicht beizumessen ist. Anknüpfungspunkt ist in der Regel ein anderweitig bestehender (allgemeiner oder besonderer) Gerichtsstand und es gilt der Grundsatz, dass regelmäßig nur ein Gericht bestimmt werden kann, bei dem wenigstens einer der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Danach war es richtig, das AG zu bestimmen.

§ 15 WEG: Pflichten Dritter

Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein ("Drittnutzer"), hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nur zu dulden, wenn sie ihm rechtzeitig angekündigt wurde. Der Prozess gegen den Drittnutzer ist keine WEG-Streitigkeit. Streitig ist, ob nach §§ 24, 26 ZPO örtlich ausschließlich das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk das Grundstück i. S. v. § 1 Abs. 5 WEG belegen ist. Das OLG trägt zu dieser Diskussion nichts bei.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Eine Verwaltung muss § 15 WEG kennen und wissen, dass und wann Drittnutzer über bauliche Veränderungen zu informieren sind.

6 Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 30.1.2023, I-32 SA 75/22

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