Nachgehend

BGH (Beschluss vom 24.03.2011; Aktenzeichen IX ZB 80/09)

 

Tenor

Die Schuldnerin erlangt Restschuldbefreiung, wenn sie in der Laufzeit ihrer Abtretungserklärung vom 15.05.2004 den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 297 oder § 298 InsO nicht vorliegen.

Der bisherige Treuhänder, Dipl.-Kaufmann Erich Hölzemann, Goethestraße 2, 59065 Hamm, nimmt kraft Gesetzes die Aufgaben des Treuhänders nach § 291 Abs. 2, § 292 InsO wahr (§ 313 Abs. 1 Satz 2 InsO).

Auf den Treuhänder gehen die pfändbaren Forderungen der Schuldnerin auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge nach Maßgabe der Abtretungserklärung vom 15.05.2004 für die Dauer ihrer Laufzeit über. Die Laufzeit der Abtretung hat mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 21.10.2004 begonnen und beträgt sechs Jahre.

Der Versagungsantrag wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, die durch den Antrag verursacht worden sind, trägt der Versagungsantragsteller.

 

Gründe

I.

Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 21.10.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Schuldnerin beantragt die Erteilung der Restschuldbefreiung.

Der Versagungsantragsteller beantragt,

die Restschuldbefreiung zu versagen.

Er behauptet, die Schuldnerin habe seine Forderung im Gläubigerverzeichnis nicht aufgeführt und - da in der Forderungsangelegenheit mehrfach mit der Schuldnerin korrespondiert und telefoniert worden sei - dabei zumindest grob fahrlässig gehandelt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 25.1.2005 verwiesen.

II.

Die Voraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291 InsO) sind erfüllt. Der Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellt.

Die Einwände des Versagungsantragstellers greifen nicht durch. Ein Versagungsgrund (§ 290 InsO) liegt schon nach der Begründung des Versagungsantrags nicht vor.

Zwar trifft es zu, dass die rechtskräftig durch Versäumnisurteil titulierte Forderung des Versagungsantragstellers nicht im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis aufgeführt worden ist. Das Gericht vermag jedoch anhand des Sachvortrags des Antragstellers nicht den Schluss zu ziehen, dass dies auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhte. Hierfür sind im Einzelnen folgende Erwägungen maßgeblich:

Konkrete Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Weglassen der Forderung des Antragstellers sind nicht erkennbar. Von einem grob fahrlässigen Verhalten kann nur ausgegangen werden, wenn der Schuldnerin vorgeworfen werden kann, dass sie schon geringste Nachforschungen unterlassen hat, deren Bedeutung jedem einleuchten würde ( Uhlenbruch, Insolvenzordnung, 12. Aufl., Rz.80). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es der Schuldnerin als Verbraucherin (im Gegensatz zu ehemals Selbstständigen) an kaufmännischer Erfahrung fehlt, sodass davon ausgegangen werden muss, dass sie ihre Unterlagen nicht im Stil einer ordnungsgemäßen Buchhaltung geführt hat. Vor diesem Hintergrund erscheint es als durchaus möglich, dass sie die Forderung des Versagungsantragstellers vergessen hat. In diesem Zusammenhang ist nämlich relevant, dass alle anderen Forderungen, die die Schuldnerin angegeben hat, wesentlich jüngeren Datums sind (bzw. die letzten Mahnungen aus wesentlich jüngerer Zeit stammen). So datiert das älteste sonstige Gläubigerschreiben ausweislich der vorgelegten Vollstreckungsunterlagen von Juni 2004. Die Forderung des Versagungsantragstellers dagegen stammt aus Juni 2002, und nach dessen eigenem Sachvortrag hat die Schuldnerin zuletzt im Oktober 2002 etwas von der Angelegenheit gehört. Es ist deshalb plausibel, dass dieser Anspruch bei der Erstellung des Verzeichnisses der Schuldnerin nicht mehr in Erinnerung war. Das Gericht vermag darin noch keine grobe Fahrlässigkeit zu sehen.

Darüber hinaus ist fraglich, ob das bloße Vergessen eines Gläubigers im Verzeichnis, auch im Falle grober Fahrlässigkeit, überhaupt einen zur Versagung der Restschuldbefreiung führenden Tatbestand bildet:

§ 290 Abs.1 Ziff.6 InsO hat den Zweck, den Schuldner zu vollständigen und richtigen Angaben anzuhalten, damit den Gläubigern die Beurteilung der Entscheidung über die Zustimmung zu einem vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplan ermöglicht wird (Münchner Kommentar zur InsO, § 290 Rz. 77). Dieses Informationsbedürfnis entfällt in Fällen der vorliegenden Art, in denen das Gericht von einem gerichtlichen Planverfahren absieht. Vielmehr wird ein Treuhänder eingesetzt, dessen Aufgabe u.a. in der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und in diesem Rahmen auch der Verbindlichkeiten besteht und der insoweit die Gläubigerrechte wahrt. Auch erhalten die Gläubiger durch die Aufforderung zur Forderungsanmeldung Gelegenheit, ihre Rechte im Verlauf des Insolvenzverfahrens geltend zu machen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Informationspflichten gem. § 290 Abs.1 Ziff.6 InsO keinen Selbstzweck bildet, sodass bloße Formalverstöß...

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