Leitsatz (amtlich)

Die Ungültigkeit von Stimmen bei der schriftlichen Abstimmung über einen Insolvenzplan (§ 242 InsO) richtet sich – abgesehen von dem fehlenden Abstimmungsgeheimnis – nach den Grundsätzen staatsrechtlicher Wahlen (§ 39 BWahlG).

Mit Zustimmung des Schuldners kann in einem Insolvenzplan der Zeitraum der Überwachung abweichend von § 268 InsO auf mehr als drei Jahre ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens festgesetzt werden. Für die Anwendung der §§ 264 bis 266 InsO gilt jedoch in einem solchen Fall als „Zeit der Überwachung” nur ein Zeitraum von höchstens drei Jahren.

 

Tenor

Der Insolvenzplan der Schuldnerin in der Fassung vom 17. Januar 2003 (Konvolut Bl. 476 d.A.) wird bestätigt.

Zu Nr. 3.10 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans (Dauer der Überwachung durch den Sachwalter) weist das Gericht auf folgende, kraft Gesetzes geltende Einschränkung hin:

Für die Anwendung der §§ 264 bis 266 InsO gilt als „Zeit der Überwachung” nur ein Zeitraum von höchstens drei Jahren ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO).

Die übrigen Wirkungen der Überwachung gelten für die gesamte Laufzeit des Plans.

Der Sachwalter wird beauftragt (§ 8 Abs. 3 InsO), den in § 252 Abs. 2 InsO genannten Gläubigern

  • diesen Beschluss unverzüglich nach seiner Verkündung zu übersenden,
  • nach Rechtskraft dieses Beschlusses unter Hinweis auf die rechtskräftige Bestätigung eine Zusammenfassung des Plans zu übersenden, die zumindest den gesamten gestaltenden Teil enthält (§ 252 Abs. 2 InsO).
 

Tatbestand

A. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1.9.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 17.1.2003 hat die Schuldnerin einen Insolvenzplan eingereicht. Neben der vollständigen Ablösung der Absonderungsrechte sieht der Plan im wesentlichen vor, daß die schuldnerische Gesellschaft fortgesetzt wird und sie zur Abfindung der Gläubiger bis zum 31.12.2006 Teilzahlungen leistet. Ferner wird ein vorrangiger Kreditrahmen (§ 264 InsO) festgelegt. Der Sachwalter soll die Planerfüllung bis zu deren Abschluß überwachen. Am 25.2.2003 hat der Prüfungs- und Erörterungstermin, am 24.3.2003 der Abstimmungstermin stattgefunden.

 

Entscheidungsgründe

B. Der Insolvenzplan ist zu bestätigen.

I. Die Entscheidung beruht auf den §§ 248 bis 251 InsO. Der von der Schuldnerin vorgelegte Insolvenzplan ist ordnungsgemäß zustande gekommen und im Abstimmungstermin vom 24.3.2003 ohne Verfahrensfehler von den erforderlichen Mehrheiten der Gläubiger angenommen worden. Die im Plan vorgesehenen Bedingungen (§ 249 InsO) sind eingetreten. Anträge auf Versagung der Bestätigung (§ 251 InsO) liegen nicht vor. Umstände, die eine Versagung von Amts wegen gebieten (§ 250 InsO), sind nicht ersichtlich. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Die Abstimmung über den Plan, bei der das Stimmrecht auch schriftlich ausgeübt werden konnte (§ 242 InsO), hatte folgendes Ergebnis:

Gruppe

Ja (Köpfe)

Nein (Köpfe)

Ja (Summen)

Nein (Summen)

Ungültig (Köpfe)

Ungültig (Summen)

1

633

2

2.284.864,39

4.323,48

15

33.110,05

2

133

4

738.001,74

3.580,53

2

286,25

3

6

0

39.896.628,83

0

0

0

4

3

0

106.144.532,42

0

0

0

5

1

0

1.110.758,00

0

0

0

6

464

11

23.337.572,90

23.492,99

76

1.924.470,04

Demnach hat in jeder Gruppe die nach § 244 InsO erforderliche Mehrheit der abstimmenden Gläubiger nach Köpfen und Forderungssummen dem Plan zugestimmt.

2. Für die Wertung einer Stimme als gültig oder ungültig und für ihre Berücksichtigung bei der Auszählung waren folgende Regeln maßgebend:

a. Als abstimmender Gläubiger (Abstimmungsteilnehmer i.S.d. § 243 InsO) wird nur berücksichtigt, wer in der betreffenden Gruppe eine gültige Stimme abgegeben hat. Ungültige Stimmen bleiben bei der Feststellung der Abstimmungsergebnisse (Mehrheitsberechnung) außer Betracht.

b. Da der Abstimmungstermin (24.3.2003) auf einen Montag fiel, ist abweichend von § 242 Abs. 2 Satz 2 InsO eine schriftlich abgegebene Stimme nicht deshalb ungültig, weil der Stimmzettel erst am Tag des Abstimmungstermins bei Gericht eingegangen ist. Dies folgt aus § 222 Abs. 2 ZPO (§ 4 InsO), demzufolge eine Frist, deren Ende auf einen Sonntag fällt, mit Ablauf des nächsten Werktages endet.

c. Gültig ist grundsätzlich auch eine Stimme, wenn der Stimmzettel durch Fax übermittelt wird.

d. Ungültig ist eine Stimme, wenn der Stimmzettel den Erklärenden nicht zweifelsfrei erkennen läßt, insbesondere wenn er nicht unterschrieben ist.

e. Ungültig ist eine Stimme, wenn der Stimmzettel von einem rechtsgeschäftlichen Vertreter ohne beigefügte Vollmacht unterschrieben ist; dies gilt auch für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt (siehe Hinweis des Gerichts auf dem Stimmzettel).

f. Ungültig ist eine Stimme, wenn der Stimmzettel den Willen des Abstimmenden nicht zweifelsfrei erkennen läßt (analog § 39 Abs. 1 Nr. 3 BWahlG; siehe Hinweis des Gerichts auf dem Stimmzettel). Dies gilt insbesondere für Stimmzettel, die wegen mangelhafter Fax-Übermittlung im Abstimmungsfeld nicht lesbar sind.

g. Ungültig ist eine Stimme, wenn der Stimmzettel keine Kennzeichnung einer der Alternativen „...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge