Leitsatz (amtlich)

I. Das Gericht hat im Verfahren mit Verfahrenskostenstundung (§§ 4 a ff. InsO) in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfen, ob eine Aufhebung der Verfahrenskostenstundung gem. § 4 c InsO veranlaßt werden muß.

II. Der antragstellende Schuldner hat ein vollständiges Gläubigerverzeichnis vorzulegen (§ 305 Abs. 1 Ziff. 3 InsO). Vollständigkeit erfordert in diesem Sinne auch das Aufführen streitiger Forderungen.

III. Die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung ist veranlaßt, wenn zweifelsfrei zur Überzeugung des Gerichtes feststeht, daß der Schuldner ein unvollständiges Gläubigerverzeichnis vorgelegt hat, da er damit in der Regel den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Ziff. 6 Inso verwirklicht „Vorwirkung der möglichen Versagung auf die Verfahrenskostenstundung”).

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde v. 26.7.2005 wird der Beschluß v. 18.7.2005 im Abhilfewege aufgehoben.

II. Die Verfahrenskostenstundung für den Schuldner betreffend das Eröffnungsverfahren und das zu eröffnende Verfahren wird aufgehoben.

III. Dem Schuldner wird auferlegt, zur Herstellung der Verfahrenskostendeckung binnen drei Wochen bei der Gerichtskasse einen Verfahrenskostenvorschuß in Höhe von EUR 2.500,– einzuzahlen.

 

Gründe

Zu I. Der Beschluß v. 18.7.2005 (Abweisung des Antrages auf Verfahrenskostenstundung) war auf den zutreffenden Hinweis des Schuldners, daß das LG Hamburg in seiner Entscheidung v. 6.5.2005 die Verfahrenskostenstundung bewilligt hatte, aufzuheben.

Zu II. Das Insolvenzgericht hat gem. § 4c InsO in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfen, ob eine einmal gewährte Verfahrenskostenstundung wieder aufzuheben ist. Die demgemäßen Voraussetzungen liegen vor:

Der Schuldner hat mit Antragsbogen v. 14.6.2004 (Eingang: 17.6.2004) Antrag im Verbraucherinsolvenzverfahren nebst Restschuldbefreiungs- und Verfahrenskostenstundungsantrag gestellt. Er ist ledig und gibt an, sieben Gläubiger zu haben. Das Gericht lehnte mit Beschluß v. 22.11.2004 eine Verfahrenskostenstundung ab, da nach Meinung des Gerichtes der Schuldner vorzutragen hatte, ob er seinen Unterhaltspflichten vollständig nachgekommen war. Das LG Hamburg hob mit Beschluß v. 6.5.2005 diese Entscheidung unter Bewilligung der Verfahrenskostenstundung auf, da nach Ansicht des LG der Schuldner durch Verweis auf die Streitigkeit der Frage der Vaterschaft zu seinem zweiten (möglichen) Kinde ausreichende Angaben gemacht habe.

Nach Rückkehr der Akte vom LG mit dem vorgenannten Beschluß v. 6.5.2005 wurde der Akte der zwischenzeitlich beim Amtsgericht eingegangene, das Beschwerdeverfahren nicht betreffende, Schriftwechsel aus der Retentmappe wieder zugeführt. Dabei war der Schriftsatz des Schuldnervertreters v. 19.1.2005 mit der Mitteilung, daß der Schuldner nunmehr seine Unterhaltsverpflichtung anerkenne, da ihm „die Überprüfung der Vaterschaft verwehrt” sei. Mithin ist nach hiesigem Verständnis dieser etwas unklaren (oder geschickt formulierten) Erklärung davon auszugehen, daß der Vaterschaftsstreit beim Hans.OLG zum Nachteil des Schuldners beendet ist. Dieses Schreiben kannte das LG Hamburg bei seiner Entscheidung nicht.

Aufgrund dieses Schreibens steht nunmehr fest, daß der Schuldner eine weitere Gläubigerin hat, die er nicht in seinem gem. § 305 Abs.1 Ziff.3 InsO vollständig bei Verfahrenseinleitung vorzulegenden Gläubigerverzeichnis (Anlage 6) angegeben hat und die er auch nicht in seinem Schuldenbereinigungsplan (Anlage 7 A) berücksichtigt hat, nämlich das Kind A.X.

Der Schuldner ist gem. § 305 Abs.1 Ziffer 3 verpflichtet, bei Antragstellung ein vollständiges Verzeichnis aller seiner Gläubiger (=Anl. 6) abzugeben, anderenfalls droht gem. § 290 Abs.1 Ziff.6 InsO Versagung der Restschuldbefreiung auf Antrag. Dabei hat er alle Personen aufzuführen, die ihrerseits gegen ihn als Gläubiger Ansprüche stellen, nicht nur diejenigen, deren Ansprüche er für gerechtfertigt hält. Es kommt auf objektiv richtige Angaben an (Uhlenbruck-Vallender, 12.Aufl. InsO, § 290 Rz.78, § 305 Rz.96;Nerlich-Römermann, InsO, § 290 Rz.50). Hat er dies grob fahrlässig nicht getan – in der vorliegenden Akte weist das Gläubigerverzeichnis Anl. 6 die A.X. nicht aus –, ist eine Verfahrenskostenstundung gem. § 4c Ziffer 1 InsO aufzuheben, da der Schuldner eine vom Gericht und Gesetz (gem. VerbrInsVV) in Anl. 6 des Antragsbogens verlangte Angabe unrichtig beantwortet hat. Der anwaltlich beratene Schuldner hätte wissen müssen, daß er seine gegen ihn seit Jahren Unterhaltsansprüche stellende Tochter als Gläubigerin im Gläubigerverzeichnis angeben muß (damit diese z.B. in einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren beteiligt wird). Es genügte nicht, die Tochter lediglich als Angehörige (mit dem Zusatz: „Vaterschaft strittig”) in Anl. 5 J aufzuführen.

Der Schuldner hat vielmehr von Anfang an ein vollständiges Gläubigerverzeichnis abzugeben: Zur Pflicht des Schuldners, im Verbraucherinsolvenzverfahren ein vollständiges Gläubigerverzeichnis – auch mit den Honorarforderungen seines RA gegen ihn vorzulegen – auch wenn dies...

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