2.2.1. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht setzt voraus, daß der Steuerpflichtige

 

1.

nur in niedrig besteuernden ausländischen Gebieten ansässig ist oder

 

2.

in keinem Gebiet ansässig ist (z.B. weil er seinen Aufenthalt ständig wechselt).

Ansässig ist der Steuerpflichtige in solchen Gebieten, in denen er aufgrund eines Wohnsitzes, eines gewöhnlichen Aufenthaltes oder eines anderen ähnlichen Merkmals nach dortigem Recht steuerpflichtig ist. Sofern der Steuerpflichtige nicht nach Maßgabe des § 90 Abs. 2 AO dartut, daß er in dieser Weise in einem Gebiet steuerpflichtig ist, so ist davon auszugehen daß er in keinem Gebiet ansässig ist.

2.2.2. Ein ausländisches Gebiet besteuert niedrig, wenn eine der beiden nachstehend bezeichneten Voraussetzungen gegeben ist:

 

1.

Das ausländische Gebiet erhebt von einer unverheirateten Person bei einem Einkommen von 150.000 DM eine Einkommensteuer, die um mehr als ein Drittel geringer ist als die deutsche Einkommensteuer (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 AStG). Nach dem Stande von 1994 trifft dies bei einem ausländischen Steuersatz von weniger als 25,17 v.H. zu. Der Betrag von 150.000 DM ist für den Steuerbelastungsvergleich nach dem Kurs am Anfang eines Jahres in die maßgebliche ausländische Währung umzurechnen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann auch der Jahresdurchschnittskurs für die Umrechnung zugrunde gelegt werden, wenn er nachweist, daß dies für ihn günstiger ist.

Bei der in dem ausländischen Gebiet erhobenen Einkommensteuer sind die von dem ausländischen Staat oder seinen politischen Untergliederungen erhobenen Steuern vom Einkommen zu berücksichtigen. Zur deutschen Einkommensteuer zählt nicht der Solidaritätszuschlag (vgl. das zur Ergänzungsabgabe ergangene BFH-Urteil vom 30. November 1988, BStBl. 1989 II, 365).

 

2.

In dem ausländischen Gebiet kann dem Steuerpflichtigen eine wesentliche Vorzugsbesteuerung gewährt werden (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG).

Dies ist z. B. gegeben, wenn dort

  • aus dem Ausland zuziehende Personen einkommensteuerfrei sind;
  • Steuervergünstigungen (z.B. Besteuerung aufgrund ihres Verbrauchs, begünstigende Steuerverträge, Erlasse oder Steuerstundungen ohne Rücksicht auf die steuerliche Leistungsfähigkeit) erlangt werden können;
  • die Einkünfte aus den im Inland verbliebenen Wirtschaftsinteressen gegenüber anderen Einkünften bevorzugt besteuert werden.

Es genügt, wenn die in Nrn. 1 und 2 genannten Vorteile für wesentliche Teile des Einkommens gewährt werden.

Eine Vorzugsbesteuerung liegt auch vor, wenn der ausländische Staat, in dem die natürliche Person ansässig ist, nach seinem Rechtssystem gegenüber der allgemeinen Besteuerung eine Vorzugsbesteuerung einräumt, ohne daß es darauf ankommt, daß der jeweils betroffenen Person diese Vorzugsbesteuerung auch tatsächlich gewährt wird oder von Rechts wegen gewährt werden kann. Unterliegen nach dem Steuerrecht eines ausländischen Staates bei allen in seinem Gebiet ansässigen Personen die aus dem Ausland stammenden Einkünfte nicht der Besteuerung (sog. Territorialitätsprinzip), so ist hierin keine gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung zu sehen. Das gleiche gilt, wenn aus dem Ausland stammende Einkünfte allgemein, ohne weitere an die Ansässigkeit anknüpfende Voraussetzungen (z. B. in Großbritannien), nur besteuert werden, soweit sie in den Staat der Ansässigkeit überwiesen werden (Besteuerung auf der sog. Remittance-Basis). Ungeachtet dessen kann jedoch auch in diesen Staaten eine gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung nicht ausgeschlossen werden.

Die Finanzverwaltung kann im Einzelfall die Vorlage von Steuererklärungen, ausländischen Steuerbescheiden oder vergleichbaren Beweismitteln verlangen (vgl. § 90 Abs. 2 AO).

2.2.3. Verbleiben Zweifel, ob ein Gebiet mit niedriger Besteuerung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AStG vorliegt, trifft das Bundesamt für Finanzen auf Anfrage die erforderlichen Feststellungen.

2.2.4. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der Tz. 2.2.2 scheidet die niedrige Besteuerung aus, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß die bei deutscher beschränkter Steuerpflicht vom Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die der Steuerpflichtige bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichten hätte. Hierbei ist folgendes zu beachten:

 

1.

Unter den bei deutscher beschränkter Steuerpflicht vom Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern sind sowohl die Einkommensteuern, die in der Bundesrepublik Deutschland, als auch die Einkommensteuern, die im Ansässigkeitsstaat oder in Drittstaaten zu entrichten sind, zu verstehen (Istbesteuerung). Auch die nach dem Einkommen bemessene schweizerische Kirchensteuer zählt dazu.

 

2.

Bei der Ermittlung der gesamten (deutschen und ausländischen) Einkommensteuer, die bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichten wäre, sind fiktive Steuerberechnungen durchzuführen. Knüpfen bei der Ermittlung der deutschen Einkommensteuer Regelungen des innerstaatlichen deutschen...

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