Auch wenn Sie den rechtmäßigen Überbau dulden müssen, der Grundstücksnachbar muss Ihnen dafür zumindest eine Geldrente auszahlen (§ 912 Abs. 2 BGB). Dieser Anspruch kann selbst noch dann geltend gemacht werden, wenn ein Voreigentümer dem Überbau zugestimmt und auf eine Rentenzahlung verzichtet hat. Der Grund: Ein solcher Verzicht wirkt nur dann gegenüber dem späteren Eigentümer, wenn er im Grundbuch eingetragen wurde (§ 914 Abs. 2 BGB). Dieser Anspruch kann auch nicht verjähren. Die Rentenpflicht besteht, solange der Überbau existiert.

Bei der Verletzung des Bauwichs ist ebenfalls eine Rente als Entschädigung möglich. Über die Höhe der Rente können sich beide Seiten im Rahmen einer Vereinbarung einigen. Kommt eine solche nicht zustande, kann auch per Gerichtsentscheid eine Rente festgelegt werden. Nur wenn die Rentenzahlung im Grundbuch eingetragen wird, wirkt sie auch gegenüber einem eventuellen späteren Käufer oder Erben des Grundstücks.

Nach dem Gesetz muss der überbauende Nachbar die Rente jährlich im Voraus entrichten (§ 913 Abs. 2 BGB). Wie hoch sie ausfällt, richtet sich danach, wann mit dem Überbau die Grenze überschritten wurde. Es kommt also nicht darauf an, wann der Überbau entdeckt wurde. Für die Höhe der Rente maßgeblich ist daher der Verkehrswert des überbauten Grundstücks zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung.

 
Praxis-Beispiel

Höhe der Überbaurente

Die Höhe der Überbaurente ist nicht nach Art und Ausmaß der Einbuße bei der tatsächlichen Nutzung des überbauten Grundstücksteils zu berechnen, sondern beruht allein auf dessen Verkehrswert zur Zeit der Grenzüberschreitung.[1] In dem zugrunde liegenden Fall sind die Parteien Eigentümer benachbarter Grundstücke, auf denen sie etwa zeitgleich größere Gebäude errichteten. Im November 2013 wurde die Bodenplatte auf der Ebene des zweiten Untergeschosses für das Gebäude auf dem Grundstück des Beklagten hergestellt. Diese überschreitet auf einer Länge von 48,50 m die Grenze zum Grundstück des Klägers um 30 cm, was diesen jedoch bei der planmäßigen Fertigstellung seines eigenen Bauvorhabens nicht beeinträchtigte. Der Kläger muss diesen Überbau dulden, weil er nicht sofort widersprochen und der Überbauende nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Die Parteien stritten nun über die vom Kläger geltend gemachte jährliche Überbaurente in Höhe von 605,28 EUR. Diese wurde auf Basis des Bodenwerts zum Zeitpunkt der Überbauung berechnet. Strittig ist, ob die Überbaurente ganz entfällt oder zumindest zu kürzen ist, da der Kläger durch den Überbau nicht beeinträchtigt wurde.

Der BGH entschied zugunsten des Klägers, diesem stehe ein Anspruch auf Zahlung einer jährlichen Überbaurente in der geltend gemachten Höhe von 605,28 EUR zu. Er müsse den in sein Grundstück hineinreichenden Teil der Bodenplatte des Nachbargebäudes als sog. unrechtmäßigen, aber entschuldigten Überbau nach §§ 1004 Abs. 2, 912 Abs. 1 BGB dulden. Der durch den zu duldenden Überbau ausgelöste Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente stelle einen Ausgleich für den mit der Duldungspflicht verbundenen Eigentumseingriff dar. Die Überbaurente entfalle nicht deshalb, weil der Überbau den Kläger in der Nutzung seines Grundstücks im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung nicht beeinträchtigt habe. Denn die Überbaurente sei allein auf der Grundlage des Verkehrswerts des überbauten Grundstücksteils zur Zeit der Grenzüberschreitung zu berechnen. Auf die konkreten Nutzungseinbußen, die der Eigentümer des überbauten Grundstücks durch den Überbau erleide, komme es nicht an. Deshalb sei auch ein Abschlag bei der Überbaurente nicht gerechtfertigt.

 
Hinweis

Kauf des Überbaus

Anstelle einer Rente können Sie auch verlangen, dass Ihnen der überbauende Nachbar den Überbau abkauft. Der Kaufpreis bemisst sich dabei nach dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung (§ 915 Abs. 1 BGB), die bisher gezahlte Rente wird nicht auf den Kaufpreis angerechnet.

[1] BGH, Urteil v. 12.10.2018, V ZR 81/18, NZM 2019, 422.

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