Leitsatz (amtlich)

Den erhöhten Stundensatz nach § 1 Abs. 3 BVormVG kann auch derjenige Betreuer erhalten, der keine Nachqualifizierung gemäß § 2 BVormVG durchführt.

 

Normenkette

BVormVG §§ 1-2

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 14.02.2000; Aktenzeichen 7 T 79/00)

AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 455/94)

 

Tenor

Der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 14. Februar 2000 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Für die mittellose Betroffene ist Betreuung angeordnet. Die für sie bestellte Berufsbetreuerin erhielt bis 31.12.1998 als Vergütung einen Stundensatz von 75 DM. Auf ihre Anträge, mit denen sie Vergütungs- und Aufwendungsersatz in Höhe von 7 381,69 DM verlangte, setzte das Amtsgericht den Stundensatz auf 45 DM fest und gewährte für die Zeit vom 1.1.1999 bis 30.9.1999 lediglich einen Betrag von 5 667,19 DM. Als Begründung führte das Amtsgericht aus, daß die Betreuerin nicht über eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder eine gleichwertige Ausbildung verfüge und somit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG nicht vorlägen. Die Härteregelung in § 1 Abs. 3 BVormVG greife nicht ein, da sich die Betreuerin konkret um eine Nachqualifikation bemüht habe.

Die sofortige Beschwerde, mit der die Betreuerin die Anhebung des Stundensatzes auf 60 DM begehrte, hat das Landgericht mit Beschluß vom 14.2.2000 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Betreuerin mit ihrer vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihren Beschwerdeantrag weiter verfolgt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Betreuerin stehe nach ihrer Qualifikation lediglich ein Stundensatz von 45 DM zu. Auf die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG könne sie sich nicht berufen. Es handle sich insoweit um eine Ermessensvorschrift. Voraussetzung für die Anwendung dieser Härteregelung sei, daß sich die Betreuerin einer Nachqualifikation unterziehen wolle. Die Vorschrift sei als Übergangsregelung im Zusammenhang mit § 2 BVormVG zu sehen und solle es einem weiterbildungswilligen Betreuer ermöglichen, auch in der Übergangszeit bis zum Abschluß seiner neuen Ausbildung einen gleich hohen Stundensatz wie bisher zu erhalten. Das Gesetz habe nicht bestimmt, daß jeder Betreuer bis zum 30.6.2000 seinen ursprünglichen Stundensatz geltend machen könne. Es sei vielmehr ein Ermessensspielraum gewährt worden. Die neue an der Ausbildung des Betreuers orientierte Vergütungsregelung solle es, anders als das bisher geltende Recht, Gerichten und Betreuern ersparen, die konkrete Schwierigkeit der einzelnen Betreuung zu ermitteln. Der Berufsbetreuer müsse sich darauf verlassen können, daß ihn das Vormundschaftsgericht entsprechend seiner Qualifikationen bezahle. Demzufolge dürften auch bei der Übergangsregelung die bisherigen Beurteilungsmerkmale wie z. B. die Schwierigkeit des Falles keine Rolle mehr spielen. Allerdings solle verhindert werden, daß der Betreuer durch die Anwendung des neuen Rechts Einkommenseinbußen erleide, ohne vorher während der 18monatigen Übergangszeit die Gelegenheit zu haben, durch eine in § 2 BVormVG vorgesehene Umschulung oder Fortbildung die geforderte Qualifikation zu erreichen. § 1 Abs. 3 BVormVG solle eine Art von Besitzstandswahrung für den Betreuer schaffen, der sich während der Übergangszeit dieser Mühe unterziehe. Die Betreuerin habe gewußt, daß nach dem 1.1.1999 ein neues Recht anzuwenden sei und damit rechnen müssen, daß ihr Stundensatz auf 45 DM reduziert werde, zumal eben § 1 Abs. 3 BVormVG ausdrücklich ein Ermessen einräume. Sie habe es in der Hand gehabt, eine Fortbildungsmaßnahme anzustreben, dies aber unterlassen. Einen Vertrauensschutz gebe es weder nach altem noch nach neuem Recht.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

a) Durch das Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (Berufsvormündervergütungsgesetz – BVormVG) vom 25.6.1998 wurde die Vergütung der Betreuer neu geregelt. Ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen, so bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach § 1 BVormVG. Die Vorschrift sieht je nach den aus der Berufsausbildung für die Betreuung nutzbaren Kenntnissen des Betreuers drei Vergütungsstufen vor. Bei Erwerb der Kenntnisse durch eine Hochschulausbildung beträgt der Stundensatz 60 DM, bei Erwerb durch eine abgeschlossene Lehre 45 DM, im übrigen 35 DM.

Einige Berufsbetreuer erhalten nach dem Maßstab des ab 1.1.1999 geltenden Rechts andere Vergütungssätze als nach früherem Recht, insbesondere wenn ihre Vergütung bisher weniger nach ihrer formalen Qualifikation als nach anderen Gesichtspunkten, etwa den Schwierigkeiten der ihnen zugewiesenen Betreuungen bemessen wurde (Knittel BtG § 1836a BGB Rn. 6). § 2 BVormVG gestattet deshalb den Ländern, solchen Betreuern im Rahmen eines entsprechenden Verfahrens den Erwerb einer Qualifik...

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