Entscheidungsstichwort (Thema)

Handelsregistersache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mehrfachfirmierung einer nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften verfaßten Sparkasse kann im Handelsregister eingetragen werden.

 

Normenkette

HGB § 17; SparkG § 5

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Aktenzeichen 1 HK T 147/00)

AG Deggendorf (Aktenzeichen 6 AR 45/00)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Deggendorf vom 29. September 2000 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Deggendorf vom 29. März 2000 werden aufgehoben.

II. Die Akten werden an das Amtsgericht Deggendorf zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Mit der am 9.3.2000 beim Registergericht eingegangenen Anmeldung beantragte der Vorstand, die betroffene Sparkasse, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, im Handelsregister einzutragen.

Gemäß § 1 Abs. 2 ihrer Satzung hat die Betroffene den Namen „Sparkasse A”.

In § 13 Abs. 1 der Satzung ist ferner bestimmt:

„Die Sparkasse ist gemäß Art. 18 Abs. 3 SpkG Gesamtrechtsnachfolgerin der Sparkasse B – C aufgrund der Vereinigung dieser Sparkasse mit der Sparkasse A mit Wirkung vom 1.1.1993. Bezogen auf die früheren Geschäftsbezirksteile darf die Sparkasse als Firma auch die Bezeichnungen „Sparkasse B” und „Sparkasse C” führen”.

Mit Zwischenverfügung vom 29.3.2000 machte das Registergericht als Eintragungshindernis geltend, daß die Betroffene neben der Firma „Sparkasse A” auch die Bezeichnungen „Sparkasse B” und „Sparkasse C” führe, und empfahl die entsprechende Änderung der Satzung. Die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluß vom 29.9.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der weiteren Beschwerde. Sie ist der Auffassung, daß die Mehrfachfirma eintragungsfähig sei.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere konnte es vom Vorstand der Betroffenen ohne Beiziehung eines Rechtsanwalts eingelegt werden (BayObLG NZG 2000, 1142).

Es ist auch begründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß juristische Personen zwar in mehreren Handelsgeschäften mehrere verschiedene Firmen führen könnten, sie dürften dies aber nicht in ein und demselben Handelsgeschäft. Die Mehrfachfirmierung widerspreche dem Grundsatz der Firmeneinheit nach dem HGB und sei deshalb nicht eintragungsfähig, auch wenn sie nach der Satzung der Betroffenen zulässig und durch das Sparkassengesetz und die Sparkassenordnung nicht ausgeschlossen sei. Eine vergleichbare Selbständigkeit, wie sie den Landeszentralbanken nach dem Bundesbankgesetz mit eigenen Organen und eigenständiger Geschäftsführung und Verwaltung zugewiesen sei, sei bei den früheren Sparkassen B und C nach der Vereinigung mit der Betroffenen nicht gegeben. Die Entscheidung des Senats zur Zulässigkeit der Eintragung eines Mehrfachsitzes gelte nicht entsprechend für eine Mehrfachfirmierung. Eine Unsicherheit des Rechtsverkehrs sei bei Eintragung eines Mehrfachsitzes nicht zu besorgen. Wer sich durch Einsicht in das Handelsregister über die „Sparkasse A” unterrichten wolle, erhalte auch bei Eintragung eines Mehrfachsitzes eine richtige Auskunft. Wer aber über die Rechtsverhältnisse der im Geschäftsverkehr nach außen als „Sparkasse B” oder „Sparkasse C” auf getretenen Bank unterrichten wolle, finde hierzu im Handelsregister nichts. Denn eine Eintragung dieser unselbständigen Nebenstellen der Betroffenen sei nicht erfolgt.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand. Die satzungsmäßige Mehrfachfirma einer Sparkasse als rechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts kann im Handelsregister eingetragen werden, wenn das für die Sparkasse geltende öffentliche Recht die Bildung einer Mehrfachfirma gestattet. Darauf, ob die für die Firma privatrechtlicher juristischer Personen geltenden Vorschriften die Bildung einer Doppel- oder Mehrfachfirma zulassen, kommt es, entgegen der Auffassung des Landgerichts, nicht an.

a) Infolge der Aufhebung des früheren § 36 HGB durch Art. 3 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22.6.1998 (BGBl I S. 1474) sind nunmehr auch die öffentlichen Sparkassen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 HGB (vgl. auch Art. 38 Abs. 3 EGHGB) zur Eintragung anzumelden, da sie in Bayern rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts darstellen (Art. 3 Sparkassengesetz – SpkG –, BayRS 2025-1-I) und ein Handelsgewerbe betreiben (BayObLGZ 2000, 210/211 m.w.N.).

b) Welche Angaben in das Handelsregister aufzunehmen sind, richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der diese ergänzenden Handelsregisterverfügung. Danach ist bei der Eintragung unter anderem die nähere Bezeichnung der juristischen Person, also die Firma anzugeben (§ 33 Abs. 2 Satz 2 HGB, § 40 Abs. 4 HRV). Welche materiellrechtlichen Anforderungen an die einzutragenden Rechtsverhältnisse, hier die Firma der juristischen Person zu stellen sind, bestimmt sich hingegen, sofern §§ 17 ff. HGB keine Regelungen enthalten, nach den speziellen für die jeweilige juristische Person geltenden Vorschriften (vgl. BayObLGZ aaO).

Dies sind in Bayern das Sparkass...

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