Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung, ob die Anstalt einem in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten nach Art. 58 BaySvVollzG Langzeitausgang gewährt, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Einrichtung.

2. Voraussetzung für die Gewährung einer vollzugsöffnenden Maßnahme in der Sicherungsverwahrung ist, dass diese dem Erreichen der Vollzugsziele dient (Art. 54, Art. 2 BaySvVollzG). Dabei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei welcher der Vollzugsbehörde wegen ihrer Nähe zum Sicherungsverwahrten eine Einschätzungsprärogative zugestanden wird.

3. Bei beantragter Verpflichtung zu Maßnahmen mit Beurteilungsspielraum oder Ermessen kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern auf den Zeitpunkt an, zu dem die Behörde den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Alleine die Sach- und Rechtslage, wie sie zum Zeitpunkt dieser behördlichen Entscheidung vorlag, ist maßgebend.

 

Normenkette

StVollzG § 115; BaySvVollzG Art. 58 Abs. 1, Art. 54 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Straubing (Entscheidung vom 02.01.2024; Aktenzeichen SR StVK 621/23)

 

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing vom 2. Januar 2024 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG i.V.m. Art. 103 BaySvVollzG).

3. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1000.- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Rechtsbeschwerdeführer befindet sich in der Sicherungsverwahrung in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Mai 2023, ergänzt am 24. Mai 2023, hat er bei der Strafvollstreckungskammer beantragt, die Anstalt zu verpflichten, ihm nach Art. 58 BaySvVollzG Langzeitausgang in Form eines Probewohnens für sechs Monate in einer geeigneten Wohnform in H. zu gewähren.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2023 hat die Einrichtung für Sicherungsverwahrung den Antrag des Untergebrachten nach Art. 58, Art. 54 Abs. 2 BaySvVollzG abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Gewährung eines Langzeitausgangs sei unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Lockerungsgutachten noch verfrüht und fördere nicht das Erreichen der Vollzugsziele. Erforderlich sei, dass der Antragsteller, der bislang bei Ausgängen stets begleitet worden sei, nunmehr in der Lockerungsstufe der unbegleiteten Ausgänge weiter erprobt werde und unbegleitete Ausgänge ohne Beanstandungen absolviere.

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 28. Juli 2023 beantragt, den Bescheid vom 14. Juli 2023 aufzuheben und die Anstalt zu verpflichten, ihm einen Langzeitausgang für sechs Monate zum Zwecke des Probewohnens in einer beschützenden Einrichtung in H. zu gewähren. Mit Schreiben vom 2. November 2023 hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Antragsteller nunmehr elf unbegleitete Ausgänge durchgeführt habe. Mit Blick auf die im Lockerungsgutachten geforderten acht unbegleiteten Ausgänge liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor.

Mit Beschluss vom 2. Januar 2024 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf den vom Antragsteller begehrten Langzeitausgang.

Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigten am 8. Januar 2024 zugestellten Beschluss hat der Untergebrachte mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 19. Januar 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Rechtsbeschwerde eingelegt und das Rechtsmittel mit rechtlichen Ausführungen zu Art. 57 BaySvVollzG begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat am 1. Februar 2024 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Der Antragsteller hält mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 2024 an seiner Rechtsauffassung fest.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde (§ 118 StVollzG i.V.m. Art. 103 BaySvVollzG) erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Denn es ist geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts zu Fragen der Gewährung von Langzeitausgang für Sicherungsverwahrte nach einer Veränderung der Sachlage zu ermöglichen. Der Senat versteht den Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend, dass er die Sachrüge erhebt mit dem Ziel, Langzeitausgang gewährt zu erhalten.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Beschwerdeführer nicht erhoben. Sein Vortrag, die Behörde hätte ihre Entscheidung nicht von dem Ergebnis eines weiteren Sachverständigengutachtens abhängig machen dürfen, es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor, betrifft das materielle Recht.

2. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses auf die Sachrüge hin hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler aufgezeigt. Die Entsc...

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