Leitsatz (amtlich)

1. Die von dem teilenden Grundstückseigentümer in der Gemeinschaftsordnung getroffene Bestimmung, nach der die gesetzlich vorgesehene Bestellung eines Verwaltungsbeirats durch Mehrheitsbeschluss dahin eingeschränkt wird, dass ein Beschluss aller Wohnungseigentümer für erforderlich erklärt wird, kann auch bei größeren Eigentümergemeinschaften nicht als nichtig angesehen werden.

2. Durch die jahrelange Übung, einen Verwaltungsbeirat durch unangefochten gebliebenen Mehrheitsbeschluss zu bestellen, wird eine Vereinbarung, nach der hierfür die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist, nur dann abgeändert, wenn angenommen werden kann, dass alle Wohnungseigentümer damit auch künftig einen Mehrheitsbeschluss ausreichen lassen wollen. Diese Annahme setzt voraus, dass den Wohnungseigentümern die abweichende Regelung der Gemeinschaftsordnung bekannt ist.

3. Dem Verwalter kann von den Wohnungseigentümern eine Sondervergütung bewilligt werden, die er nach der BRAGO abrechnen darf. Es ist auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bei der Bewilligung einer Sondervergütung auf den Zeit- und Arbeitsaufwand des Verwalters abzustellen und einen bestimmten Stundensatz festzulegen. Ein durch Eigentümerbeschluss im Jahr 2003 bewilligter Stundensatz von 130 Euro für den Geschäftsführer einer Verwaltungsgesellschaft ist übersetzt und widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

4. Widerspricht der in einem Eigentümerbeschluss bestimmte Stundensatz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, ist es nicht Sache des Gerichts festzulegen, welcher Stundensatz als angemessen anzusehen ist. Es ist vielmehr Sache der Wohnungseigentümer, den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum auszuüben, um eine sich der Höhe nach in angemessenem Rahmen haltende Sondervergütung zu beschließen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 29.12.2003; Aktenzeichen 1 T 10944/03)

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 88/03)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 29.12.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In § 14 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist bestimmt:

Ein Verwaltungsbeirat wird nicht bestellt. Die Einsetzung eines Verwaltungsbeirates bedarf der Zustimmung aller Miteigentümer.

Im Verwaltervertrag ist die Vergütung wie folgt geregelt:

Die Vergütung der Verwalterin beträgt 4.794,79 Euro monatlich einschließlich der derzeit gesetzlichen Mehrwertsteuer, 16 %, insgesamt. Die Vergütung verteilt sich auf 300 Wohnungen und 269 Garagen wie folgt:

Je Wohnungseigentum 14,27 Euro,

je Stellplatz in der Tiefgarage 1,91 Euro.

Mit der Vergütung der Verwalterin sind alle betriebsintern entstehenden Aufwendungen der Verwalterin für den regelmäßigen Betriebsablauf abgegolten einschließlich der Durchführung einer Jahresversammlung der Wohnungseigentümer und des Versands der Niederschrift zu einer solchen Versammlung an alle Miteigentümer. Ausgenommen sind die Kosten, die der Verwalterin wegen der Geltendmachung von Wohngeldansprüchen im Zuge gerichtlicher Verfolgung entstehen. Dazu gehören insb. Kopier- und Schreibkosten. Dabei hat die Verwalterin darauf hinzuwirken, dass diese Kosten den jeweiligen Wohngeldschuldnern im gerichtlichen Verfahren überbürdet werden.

Sonderhonorare schuldet die Gemeinschaft nur aufgrund sachbezogener Einzelfallbeschlüsse einer Eigentümerversammlung.

Die Wohnungseigentümer fassten am 28.11.1996 folgenden Beschluss, der bestandskräftig wurde:

Die Verwalterin wird beauftragt und bevollmächtigt, künftig bei beachtlichen Verstößen gegen die Gemeinschaftsordnung, denen mindestens zwei Abmahnungen ggü. dem gleichen Eigentümer vorauszugehen haben, gemeinsam mit dem Verwaltungsbeirat zu prüfen, ob die Ansprüche der Gemeinschaft gerichtlich durchgesetzt werden sollen. Für diesen Fall wird der Verwalterin Prozessvollmacht erteilt mit der Maßgabe, dass Anträge zu Gericht vom Verwaltungsbeirat mit unterzeichnet werden müssen.

In der Eigentümerversammlung vom 14.1.2003 beschlossen die Wohnungseigentümer u.a.:

Tagesordnungspunkt (TOP) 6:

Mit Wirkung vom 14.1.2003 werden die Miteigentümer zu Mitgliedern des Verwaltungsbeirates bestellt. Rein vorsorglich wird festgelegt, dass diese drei Miteigentümer auch ansonsten die Rechte des Verwaltungsbeirates nach den gesetzlichen Vorschriften haben, die Tätigkeit der Verwaltung zu kontrollieren und die Zustimmung zu gefassten Beschlüssen auszuüben. Dies gilt auch dann, wenn ihre Stellung als Mitglieder des Verwaltungsbeirates förmlich bestritten würde.

TOP 7:

Der Beschluss der Versammlung vom 28.11.1996 - wird in der Weise ergänzt, dass die Verwalterin berechtigt ist,...

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