Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückverweisung einer Sache an ein Beschwerdegericht wegen mangelhafter Begründung eines angefochtenen Beschlusses

 

Leitsatz (redaktionell)

Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben und den Streitgegenstand sowie die in den Vorinstanzen gestellten Anträge erkennen lassen.

 

Normenkette

InsO §§ 6-7, 296 Abs. 3 S. 1; ZPO § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 12.04.2010; Aktenzeichen 2 T 95/10)

AG Bremen (Entscheidung vom 06.01.2010; Aktenzeichen 40 IK 947/05 M)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 12. April 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Der Antrag des Schuldners auf Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Rz. 1

Die weitere Beteiligte zu 1 (Gläubigerin) hat die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin weiterhin die Versagung der Restschuldbefreiung erreichen. Hilfsweise beantragt sie,

die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Rz. 2

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 296 Abs. 3 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie führt bereits deshalb zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht, weil der angefochtene Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand sowie die in den Vorinstanzen gestellten Anträge erkennen lassen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2002 – IX ZB 56/01, WM 2003, 101; vom 14. Juni 2010 – II ZB 20/09, NJW-RR 2010, 1582 Rn. 5). Fehlen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht, das grundsätzlich von dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO), zu einer rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht in der Lage.

Rz. 3

So liegt der Fall hier. Weder dem Beschluss des Insolvenzgerichts, auf den das Beschwerdegericht sich bezieht, noch demjenigen des Beschwerdegerichts lässt sich entnehmen, welche Obliegenheitsverletzung die Gläubigerin dem Schuldner vorgeworfen und glaubhaft gemacht hat und in welchem Verfahrensstadium sich das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des behaupteten Pflichtverstoßes sowie im Zeitpunkt der Antragstellung befand.

Rz. 4

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Obliegenheiten des § 295 InsO, deren Verletzung das Beschwerdegericht geprüft zu haben scheint, erst von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an gelten (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 – IX ZB 249/07, ZVI 2009, 170 Rn. 8 ff). Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach Maßgabe des § 290 InsO, der das Verhalten des Schuldners vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und während dessen Dauer betrifft, muss im Schlusstermin – also vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens – beantragt werden (§ 290 Abs. 1 InsO; vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 – IX ZB 103/05, NZI 2006, 538 Rn. 6; vom 25. Oktober 2007 – IX ZB 187/03, ZVI 2007, 574 Rn. 3).

Rz. 5

Der Antrag des Schuldners auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens für den Schuldner vier der nach § 115 ZPO zu zahlenden Monatsraten nicht übersteigen (§ 115 Abs. 3 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2934889

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge