Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 93 InsO erfasst nur Ansprüche gegen die unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafter der in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO genannten Gesellschaften wie der OHG, KG oder GbR. Für Ansprüche gegen die Gesellschafter einer GmbH gilt sie grundsätzlich nicht.

Sie kann auch nicht durch eine entsprechende Anwendung auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus §§ 135 Abs. 1, 133 Abs. 1 UmwG ausgedehnt werden, weil insoweit nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen ist, die durch eine Analogie geschlossen werden könnte.

 

Normenkette

InsO § 93; UmwG § 133 Abs. 1, § 135 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 12.08.2011; Aktenzeichen 4 O 223/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.06.2013; Aktenzeichen IX ZR 221/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.8.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Potsdam wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger beansprucht von den Beklagten Zahlung von EUR 184.906,16 zur Insolvenzmasse der R. GmbH (Schuldnerin).

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 25.10.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 111 d.A.).

Die Schuldnerin ist durch Ausgliederung aus der R. GmbH (GmbH) entstanden. Die GmbH hatte zwei Geschäftsfelder: Altlasten und Bausanierung sowie Kampfmittelräumung. Mit Ausgliederungs- und Übernahmeverträgen übertrug sie am 17.11.2004 das Geschäftsfeld Altlasten und Bausanierung mit allen Aktiva und Passiva auf die Schuldnerin (Bl. 6, 113 d.A.) und das Geschäftsfeld Kampfmittelberäumung auf die Beklagte zu 2.) (Bl. 33, 240 d.A.). Beide Änderungen wurden zeitgleich am 13.4.2005 in das Handelregister eingetragen. Mit Wirkung vom 22.9.2008 verschmolz die GmbH mit der Beklagten zu 1.).

Zur Tabelle der Schuldnerin wurden Forderungen i.H.v. EUR 241,636,08 anerkannt, von denen bei der Ausgliederung der Schuldnerin bereits EUR 184.906,16 bestanden.

Der Kläger macht geltend, er könne in entsprechender Anwendung des § 93 InsO gem. §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 133, 20 Abs. 1 Nr. UmwG i.V.m. § 93 InsO die Zahlung von EUR 184.906,16 zur Masse beanspruchen. Die Haftung des übertragenden Rechtsträgers aus § 133 Abs. 1 UmwG für Verbindlichkeiten, die vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung begründet worden sind, sei akzessorisch und diene der Sicherung der Gläubiger als Kompensation für eine fehlende Kapitalaufbringung bzw. zur Kapitalerhaltung in der Ausgliederung. Sie gleiche der Haftung des OHG-Gesellschafters aus § 128 HGB oder der Haftung auf die Einlage des Kommanditisten aus § 171 Abs. 2 HGB bzw. des GmbH-Gesellschafters aus §§ 30, 31 GmbHG. Durch die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus § 93 InsO solle in diesen Fällen ein Wettlauf der Gläubiger auf die persönlich haftenden Gesellschafter und eine Verteilung nach dem "Windhundprinzip" vermieden werden. Für die Haftung des übertragenden Rechtsträgers aus § 133 UmwG fehle es allerdings an einer Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Diese planwidrige Regelungslücke sei durch eine Analogie der §§ 93, 92 InsO zu schließen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn EUR 184.906,16 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie wenden ein, die Interessenlage sei nicht vergleichbar, eine Analogie daher nicht möglich. Anders als bei der Haftung eines OHG-Gesellschafters, der allen Gläubigern in gleicher Weise hafte, habe der übertragende Rechtsträger nur für die vor Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten einzutreten.

Das LG hat die Klage abgewiesen und eine Prozessführungsbefugnis in Analogie zu § 93 InsO abgelehnt mit der Begründung, die gesamtschuldnerische Haftung des übertragenden Rechtsträgers könne nicht mit der unbeschränkten Haftung des Gesellschafters gleichgestellt werden.

Gegen das am 19.8.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.9.2012 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 18.11.2011 begründet.

Die Parteien vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG Potsdam vom 12.8.2011 zum Geschäftszeichen 4 O 223/09 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn EUR 184.906,16 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise beantragt er, die Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R. GmbH von den in der Klage vom 3.11...

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