Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Aufträge. Richtlinie 89/665/EWG. Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge. Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen müssen. Gelegenheitsgesellschaft als Bieter. Keine Befugnis eines Mitglieds einer Gelegenheitsgesellschaft, als Einzelner Klage zu erheben. Begriff, Interesse an einem öffentlichen Auftrag

 

Beteiligte

Espace Trianon und Sofibail

Société wallonne de location-financement SA (Sofibail)

Espace Trianon SA

Office communautaire et régional de la formation professionnelle et de l'emploi (FOREM)

 

Tenor

Artikel 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner.

Das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Conseil d'É

tat (Belgien) mit Entscheidung vom 25. Februar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 9. März 2004, in dem Verfahren

Espace Trianon SA,

Société wallonne de location-financement SA (Sofibail)

gegen

Office communautaire et régional de la formation professionnelle et de l'emploi (FOREM)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), R. Schintgen, G. Arestis und J. Klučka,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Espace Trianon SA und der Société wallonne de location-financement SA (Sofibail), vertreten durch P. Coenraets und C. Lépinois, avocats,
  • des Office communautaire et régional de la formation professionnelle et de l'emploi (FOREM), vertreten durch M. Uyttendaele, M. Mareschal und D. Gerard, avocats,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner und B. Stromsky als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. März 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).

2 Dieses Ersuchen wurde im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Klägerinnen Espace Trianon SA (im Folgenden: Espace Trianon) und Société wallonne de location-financement SA (im Folgenden: Sofibail), Mitgliedern der Gelegenheitsgesellschaft „Espace Trianon – Sofibail”, und dem beklagten Office communautaire et régional de la formation professionnelle et de l'emploi (im Folgenden: FOREM) wegen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags vorgelegt.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG, 77/62/EWG und 92/50/EWG … fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Artikel 2 Absatz 7, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer- oder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu en...

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