Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Markt für internationale Umzugsdienste in Belgien. Unmittelbare und mittelbare Preisfestsetzung, Marktaufteilung und Manipulation des Verfahrens zur Einreichung von Angeboten. Möglichkeit, der Einrichtung, die die Gesellschaftsanteile kontrolliert, das wettbewerbswidrige Verhalten zuzurechnen. Unternehmensbegriff. Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses. Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung. Leitlinien über die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten. Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen (2006). Mildernde Umstände

 

Normenkette

EG Art. 81; EWR-Abkommen Art. 53

 

Beteiligte

Kommission / Stichting Administratiekantoor Portielje

Europäische Kommission

Stichting Administratiekantoor Portielje mit Sitz in Rotterdam (Niederlande)

 

Tenor

1. Die Ziff. 4 und 6 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juni 2011, Gosselin Group und Stichting Administratiekantoor Portielje/Kommission (T-208/08 und T-209/08), werden aufgehoben.

2. Die Klage der Stichting Administratiekantoor Portielje in der Rechtssache T-209/08 wird abgewiesen.

3. Die Stichting Administratiekantoor Portielje trägt die durch das Verfahren im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-209/08 und die durch das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. August 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouquet, S. Noë und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Stichting Administratiekantoor Portielje mit Sitz in Rotterdam (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: D. Van hove, F. Wijckmans, S. De Keer und H. Burez, advocaten,

Gosselin Group NV,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie des Richters C. G. Fernlund,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2012,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 29. November 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juni 2011, Gosselin Group und Stichting Administratiekantoor Portielje/Kommission (T-208/08 und T-209/08, Slg. 2011, II-3639, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht in der Rechtssache T-209/08 die Entscheidung C(2008) 926 final der Kommission vom 11. März 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.543 – Internationale Umzugsdienste) (im Folgenden: streitige Entscheidung) in der durch die Entscheidung C(2009) 5810 final der Kommission vom 24. Juli 2009 (im Folgenden: Änderungsentscheidung) geänderten Fassung für nichtig erklärt hat, soweit sie die Stichting Administratiekantoor Portielje (im Folgenden: Portielje) betraf.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt in ihrem Art. 2, dass „die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] … der Partei oder der Behörde [obliegt], die diesen Vorwurf erhebt”.

Rz. 3

Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt u. a., dass „[d]ie Kommission … gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen [kann] …”.

Rz. 4

In den Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. 2004, C 101, S. 81, im Folgenden: Leitlinien über die Beeinträchtigung des Handels) heißt es in Ziff. 53 u. a.:

„Wenn eine Vereinbarung ihrem Wesen nach geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, da sie beispielsweise Einfuhren und Ausfuhren betrifft oder sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstreckt, wird die Kommission davon ausgehen, dass eine widerlegbare positive Vermutung vorliegt, dass diese Beeinträchtigung des Handels spürbar ist, sofern der … Umsatz der Unternehmen mit den von der Vereinbarung erfassten Waren 40 Mio. [Euro] überschreitet. Im Falle von Vereinbarungen, die ihrem Wesen nach geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, kann ferner häufig davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen spürbar sind, wenn der Marktanteil der Parteien den … Schwellenwert von 5 % übertrifft. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich die Vereinbarung nur auf einen Teil des Mitgliedstaats erstreckt …”

Rz. 5

In den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a)...

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