Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten. Nationale Regelung, wonach eine Videoüberwachung ohne Einwilligung der betroffenen Person zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes von Personen, Gütern und Wertgegenständen sowie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen zulässig ist. Einrichtung eines Videoüberwachungssystems in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes

 

Normenkette

Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7-8; Richtlinie 95/46/EG Art. 6 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Buchst. f

 

Beteiligte

Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA

TK

Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA

 

Tenor

Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind im Licht der Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie nationalen Vorschriften nicht entgegenstehen, wonach es zulässig ist, ohne Einwilligung der betroffenen Personen ein Videoüberwachungssystem wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes installierte einzurichten, um berechtigte Interessen wahrzunehmen, die darin bestehen, den Schutz und die Sicherheit von Personen und Eigentum zu gewährleisten, wenn die mittels dieses Videoüberwachungssystems erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten den Voraussetzungen des Art. 7 Buchst. f entspricht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Bucureşti (Landgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 2. Oktober 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 6. November 2018, in dem Verfahren

TK

gegen

Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richterin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský, F. Biltgen und N. Wahl,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der rumänischen Regierung, vertreten durch C.-R. Canţăr, O.-C. Ichim und A. Wellman als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und O. Serdula als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann-Lindegren, M. Wolff und P. Z. L. Ngo als Bevollmächtigte,
  • Irlands, vertreten durch M. Browne, G. Hodge und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von D. Fennelly, BL,
  • der österreichischen Regierung, zunächst vertreten durch G. Hesse und J. Schmoll, dann durch J. Schmoll als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Barros da Costa, L. Medeiros, I. Oliveira und M. Cancela Carvalho als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Kranenborg, D. Nardi und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31, berichtigt in ABl. 2017, L 40, S. 78) sowie der Art. 8 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TK und der Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA (Eigentümergemeinschaft des Gebäudes M5A-EingangA, Rumänien, im Folgenden: Eigentümergemeinschaft) über die Klage von TK auf Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft, das Videoüberwachungssystem dieses Gebäudes außer Betrieb zu setzen und die in den Gemeinschaftsbereichen des Gebäudes installierten Kameras zu entfernen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 95/46 wurde mit Wirkung zum 25. Mai 2018 aufgehoben und durch die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 2016, L 119, S. 1) ersetzt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums gelten für den Ausgangsrechtsstreit jedoch weiterhin die Bestimmungen dieser Richtlinie.

Rz. 4

Gegenstand der Richtlinie 95/46 war nach ihrem Art. 1 der Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere der Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die Beseitigung der Hemmnisse für den freien Verkehr dieser Daten.

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 dieser Richtl...

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