Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2003/41/EG. Tätigkeiten und Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung. Teilweise Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. Fehlen von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung mit Sitz im Inland. Befugnis der Mitgliedstaaten, ihr nationales Altersversorgungssystem zu gestalten

 

Beteiligte

Kommission / Tschechische Republik

Europäische Kommission

Tschechische Republik

 

Tenor

1. Die Tschechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung verstoßen, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um den Art. 8, 9, 13, 15 bis 18 und 20 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Tschechische Republik trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 23. Juli 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch M. Šimerdová und N. Yerrell als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2009,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2009

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Tschechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (ABl. L 235, S. 10), insbesondere Art. 22 Abs. 1, verstoßen hat, dass sie sie nicht vollständig in ihre nationale Rechtsordnung umgesetzt hat und insbesondere die Art. 8, 9, 13, 15 bis 18 und 20 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie nicht umgesetzt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 2

Die Erwägungsgründe 1, 6, 8, 9, 20, 36 und 37 der Richtlinie 2003/41, die auf der Grundlage von Art. 47 Abs. 2 EG, Art. 55 EG und Art. 95 Abs. 1 EG erlassen worden ist, lauten:

„(1) Ein echter Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen ist für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung.

(6) Die vorliegende Richtlinie stellt damit einen ersten Schritt auf dem Weg zu einem europaweit organisierten Binnenmarkt für die betriebliche Altersversorgung dar. Durch die Festlegung des ‚Grundsatzes der Vorsicht’ als grundlegendes Prinzip für Kapitalanlagen sowie die Ermöglichung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Einrichtungen sollte die Bildung von Sparkapital im Bereich der betrieblichen Altersversorgung gefördert und so ein Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt geleistet werden.

(8) Einrichtungen, die von einem Trägerunternehmen vollständig getrennt sind und ihre Tätigkeit nach dem Kapitaldeckungsverfahren mit dem einzigen Zweck ausüben, Altersversorgungsleistungen zu erbringen, sollte, ungeachtet dessen, ob sie als juristische Personen angesehen werden, die freie Erbringung von Dienstleistungen und die Anlagefreiheit – vorbehaltlich lediglich koordinierter Aufsichtsvorschriften – ermöglicht werden.

(9) Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollten die Mitgliedstaaten uneingeschränkt für die Organisation ihrer Altersversorgungssysteme und die Entscheidung über die Rolle zuständig sein, die die einzelnen drei ‚Säulen’ der Altersversorgung in den jeweiligen Mitgliedstaaten zu spielen haben. Im Rahmen der zweiten Säule sollten sie ferner uneingeschränkt für die Rolle und Aufgaben der verschiedenen Einrichtungen, die betriebliche Altersversorgungsleistungen erbringen, wie branchenweite Pensionsfonds, Betriebspensionsfonds und Lebensversicherungsgesellschaften, zuständig sein. Dieses Recht sollte durch diese Richtlinie nicht in Frage gestellt werden.

(20) Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung sind Anbieter von Finanzdienstleistungen; sie übernehmen eine große Verantwortung im Hinblick auf die Auszahlung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und sollten deshalb bestimmte Mindestaufsichtsstandards bezüglich ihrer Tätigkeit und ihrer Betriebsbedingungen erfüllen.

(36) Unbeschadet der einzelstaatlichen sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften über die Gestaltung der Altersversorgun...

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