Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Märkte für Finanzinstrumente. Begriff ‚Wertpapierdienstleistungen’. Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben. Mögliche Einbeziehung der Vermittlung des Abschlusses eines Portfolioverwaltungsvertrags

 

Normenkette

Richtlinie 2004/39/EG Art. 4 Abs. 1 Nr. 2

 

Beteiligte

Khorassani

Mohammad Zadeh Khorassani

Kathrin Pflanz

 

Tenor

Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates in Verbindung mit Anhang I Abschnitt A Nr. 1 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Wertpapierdienstleistung, die in der Annahme und Übermittlung von Aufträgen besteht, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben, nicht die Vermittlung des Abschlusses eines Portfolioverwaltungsvertrags umfasst.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Dezember 2015, in dem Verfahren

Mohammad Zadeh Khorassani

gegen

Kathrin Pflanz

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, J. Dias Lopes und M. Rebelo als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch D. Robertson, M. Holt und V. Kaye als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennelly, QC, und M. Gray, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und I. Rogalski als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Februar 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 sowie von Anhang I Abschnitt A Nr. 1 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Mohammad Zadeh Khorassani und Frau Kathrin Pflanz über die durch Frau Pflanz erfolgte Vermittlung eines Vermögensverwaltungsvertrags zwischen Herrn Khorassani und einem Dritten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2004/39

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2, 20 und 31 der Richtlinie 2004/39 heißt es:

„([2]) In den letzten Jahren wurden immer mehr Anleger auf den Finanzmärkten aktiv; ihnen wird ein immer komplexeres und umfangreicheres Spektrum an Dienstleistungen und Finanzinstrumenten angeboten. Angesichts dieser Entwicklungen sollte der Rechtsrahmen der Gemeinschaft das volle Angebot der anlegerorientierten Tätigkeiten abdecken. Folglich ist es erforderlich, eine Harmonisierung in dem Umfang vorzunehmen, der notwendig ist, um Anlegern ein hohes Schutzniveau zu bieten und Wertpapierfirmen das Erbringen von Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen des Binnenmarkts auf der Grundlage der Herkunftslandaufsicht zu gestatten. In Anbetracht dessen sollte die Richtlinie 93/22/EWG [des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. 1993, L 141, S. 27)] durch eine neue Richtlinie ersetzt werden.

(20) Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte die Tätigkeit der Annahme und Übermittlung von Aufträgen auch die Zusammenführung von zwei oder mehr Anlegern umfassen, durch die ein Geschäftsabschluss zwischen diesen Anlegern ermöglicht wird.

(31) Ein Ziel dieser Richtlinie ist der Anlegerschutz. …”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39 lautet:

„Diese Richtlinie gilt für Wertpapierfirmen und geregelte Märkte.”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4, 5, 9 und 16 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. Wertpapierfirma: jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt.

2. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten: jede in Anhang I Abschnitt A genannt...

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