Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeitsklage. Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen. Einführung von Kontrollmaßnahmen für eine neue psychoaktive Substanz. Bestimmung der Rechtsgrundlage. Nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon anwendbarer Rechtsrahmen. Übergangsbestimmungen. Abgeleitete Rechtsgrundlage. Anhörung des Parlaments

 

Beteiligte

Parlament / Rat

Europäisches Parlament

Rat der Europäischen Union

 

Tenor

1. Der Beschluss 2013/129/EU des Rates vom 7. März 2013 über Kontrollmaßnahmen für 4-Methylamphetamin und der Durchführungsbeschluss 2013/496/EU des Rates vom 7. Oktober 2013 über Kontrollmaßnahmen für 5-(2-Aminopropyl)indol werden für nichtig erklärt.

2. Die Wirkungen des Beschlusses 2013/129 und des Durchführungsbeschlusses 2013/496 werden bis zum Inkrafttreten der sie ersetzenden Rechtsakte aufrechterhalten.

3. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

4. Die Republik Österreich trägt ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Nichtigkeitsklagen nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 7. Juni bzw. 19. Dezember 2013,

Europäisches Parlament, vertreten durch F. Drexler, A. Caiola und M. Pencheva als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch K. Plesniak und A. F. Jensen als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch:

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2014,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Januar 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit seinen Klageschriften in den Rechtssachen C-317/13 und C-679/13 beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/129/EU des Rates vom 7. März 2013 über Kontrollmaßnahmen für 4-Methylamphetamin (ABl. L 72, S. 11) bzw. des Durchführungsbeschlusses 2013/496/EU des Rates vom 7. Oktober 2013 über Kontrollmaßnahmen für 5-(2-Aminopropyl)indol (ABl. L 272, S. 44, im Folgenden zusammen: angefochtene Beschlüsse).

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Der 14. Erwägungsgrund des Beschlusses 2005/387/JI des Rates vom 10. Mai 2005 betreffend den Informationsaustausch, die Risikobewertung und die Kontrolle bei neuen psychoaktiven Substanzen (ABl. L 127, S. 32) lautet:

„Im Einklang mit Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c [EU] können Maßnahmen aufgrund dieses Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden, da sie zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlich sind.”

Rz. 3

Art. 1 dieses Beschlusses bestimmt:

„Mit diesem Beschluss wird ein System zum raschen Austausch von Informationen über neue psychoaktive Substanzen eingeführt. …

Dieser Beschluss sieht ferner eine Bewertung der mit diesen neuen psychoaktiven Substanzen verbundenen Risiken vor, damit die in den Mitgliedstaaten geltenden Kontrollmaßnahmen für Suchtstoffe und psychotrope Substanzen gleichermaßen auf neue psychoaktive Substanzen angewandt werden können.”

Rz. 4

Art. 6 dieses Beschlusses sieht vor, dass der Rat der Europäischen Union die Ausarbeitung eines Bewertungsberichts über die mit einer neuen psychoaktiven Substanz verbundenen Risiken verlangen kann.

Rz. 5

Unter der Überschrift „Verfahren zur Einführung von Kontrollmaßnahmen für neue psychoaktive Substanzen” heißt es in Art. 8 dieses Beschlusses:

„(1) Die Kommission unterbreitet dem Rat binnen sechs Wochen nach Eingang des Risikobewertungsberichts eine Initiative zur Einführung von Kontrollmaßnahmen für die neue psychoaktive Substanz. …

(2) Hält die Kommission eine Initiative zur Einführung von Kontrollmaßnahmen für die neue psychoaktive Substanz nicht für erforderlich, so können ein oder mehrere Mitgliedstaaten dem Rat eine solche Initiative unterbreiten, vorzugsweise innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Berichts der Kommission beim Rat.

(3) Wird eine Initiative nach Absatz 1 oder 2 unterbreitet, so beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c [EU], ob Kontrollmaßnahmen für die neue psychoaktive Substanz eingeführt werden sollen.”

Die angefochtenen Beschlüsse

Rz. 6

Der Beschluss 2013/129, der auf den AEUV und den Beschluss 2005/387, insbesondere dessen Art. 8 Abs. 3, gestützt wird, sieht in seinem Art. 1 vor, dass die neue psychoaktive Substanz 4-Methylamphetamin unionsweit Kontrollmaßnahmen unterworfen wird.

Rz. 7

Nach Art. 2 des Beschlusses 2013/129 treffen die Mitgliedstaaten bis zum 17. März 2014 im Einklang mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Maßnahmen, die erforderlich sind, um diese Substanz den in ihren Rechtsvorschriften vorgesehenen Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen zu unterwerfen.

Rz. 8

Der Beschluss 2013/496...

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