Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatliche Beihilfen. Bestehende Beihilferegelung. Steuerregelung für Koordinationszentren mit Sitz in Belgien. Zuständigkeit des Rates

 

Beteiligte

Kommission / Rat

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Rat der Europäischen Union

 

Tenor

1. Die Entscheidung 2003/531/EG des Rates vom 16. Juli 2003 über die Gewährung einer Beihilfe zugunsten bestimmter in Belgien niedergelassener Koordinierungszentren durch die belgische Regierung wird für nichtig erklärt.

2. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG, eingereicht am 24. September 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet, V. Di Bucci und R. Lyal als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.-M. Colaert und F. Florindo Gijón als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J. Makarczyk, R. Schintgen, P. Kūris (Berichterstatter) und J. Klučka,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2005,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Februar 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Entscheidung 2003/531/EG des Rates vom 16. Juli 2003 über die Gewährung einer Beihilfe zugunsten bestimmter in Belgien niedergelassener Koordinierungszentren durch die belgische Regierung (ABl. L 184, S. 17, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) für nichtig zu erklären.

Rechtlicher Rahmen

2 Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b) ‚bestehende Beihilfen’

ii) genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden;

iii) Beihilfen, die gemäß Artikel 4 Absatz 6 dieser Verordnung oder vor Erlass dieser Verordnung, aber gemäß diesem Verfahren als genehmigt gelten;

iv) Beihilfen, die gemäß Artikel 15 als bereits bestehende Beihilfen gelten;

v) Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen;

c) ‚neue Beihilfen’ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;

…”

Die angefochtene Entscheidung und ihr Hintergrund

3 Mit der Königlichen Verordnung Nr. 187 vom 30. Dezember 1982 über die Schaffung von Koordinationszentren (Moniteur belge vom 13. Januar 1983) sah das Königreich Belgien für eine Dauer von zehn Jahren eine Steuerbefreiung für die Gewinne der Koordinationszentren vor, die zugunsten der Unternehmen der Gruppe, der sie angehören, eine gewisse Anzahl von Verwaltungs-, Vorbereitungs- oder Nebenaufgaben sowie gewisse Tätigkeiten eines Finanzverbundes wahrnehmen.

4 Am 3. Februar 1983 informierte die Kommission die belgische Regierung, dass die in dieser Königlichen Verordnung vorgesehenen Maßnahmen in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 EWG-Vertrag (später Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag, jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) fielen und verlangte die Anmeldung dieser Steuerregelung sowie die unverzügliche Aussetzung ihrer Anwendung.

5 Am 3. April 1984 wurde ein Gesetzentwurf zur Änderung der Steuerregelung der Koordinationszentren angemeldet. Am 2. Mai 1984 entschied die Kommission, dass die geänderte Regelung kein Beihilfeelement im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages mehr enthalte. Die belgische Regierung wurde mit Schreiben vom 16. Mai 1984 über diese Entscheidung informiert.

6 Da die mit dem Gesetz vorgenommenen Änderungen jedoch nicht zur Gänze dem Entwurf entsprachen, leitete die Kommission am 12. Dezember 1985 das in Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag (später Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag, jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) vorgesehene Verfahren ein.

7 Nach einer neuerlichen Gesetzesänderung am 4. August 1986 stellte die Kommission das Verfahren ein und teilte der belgischen Regierung diese Entscheidung am 9. März 1987 mit.

8 Der Rat nahm zunächst am 1. Dezember 1997 einstimmig eine Reihe von Schlussfolgerungen und eine Entschließung über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteueru...

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