Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freizügigkeit. Angehöriger eines Mitgliedstaats. Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat. Studium in einem überseeischen Land oder Gebiet. Weitergewährung der Finanzierung einer Hochschulausbildung. Wohnsitzvoraussetzung nach der ‚Drei-von-sechs-Jahren-Regel’. Beschränkung. Rechtfertigung

 

Normenkette

AEUV Art. 20-21

 

Beteiligte

Martens

B. Martens

Minister van Onderwijs, Cultuur en Wetenschap

 

Tenor

Die Art. 20 AEUV und 21 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach die Weitergewährung der Finanzierung einer außerhalb dieses Staates absolvierten Hochschulausbildung davon abhängt, dass der Studierende, der eine solche Finanzierung beantragt, in den sechs Jahren vor seiner Einschreibung für den Studiengang mindestens drei Jahre lang in dem betreffenden Staat gewohnt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) mit Entscheidung vom 24. Juni 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2013, in dem Verfahren

B. Martens

gegen

Minister van Onderwijs, Cultuur en Wetenschap

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, B. Koopman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und M. Søndhal Wolff als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. September 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 20 AEUV, 21 AEUV und 45 AEUV sowie von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Martens und dem Minister van Onderwijs, Cultuur en Wetenschap (Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, im Folgenden: Minister) über dessen Bescheid, mit dem von Frau Martens die Rückzahlung der Finanzierung einer Hochschulausbildung (im Folgenden: Studienfinanzierung) gefordert wird, weil sie eine Voraussetzung der nationalen Regelung nicht erfüllt habe, nach der sie in den sechs ihrer Einschreibung für eine Ausbildung außerhalb der Niederlande vorangegangenen Jahren drei Jahre lang in den Niederlanden hätte wohnen müssen (im Folgenden: Drei-von-sechs-Jahren-Regel).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie Nr. 1612/68 sieht vor:

„(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.”

Niederländisches Recht

Rz. 4

In Art. 2.2 Abs. 1 der Wet studiefinanciering 2000 (Studienfinanzierungsgesetz 2000) in der Fassung der Änderung vom 11. Oktober 2006 (im Folgenden: WSF 2000) heißt es:

„Für eine Studienfinanzierung kommen Studierende in Betracht, die

  1. die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen;
  2. nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen, aber aufgrund eines Vertrags oder eines Beschlusses einer internationalen Organisation im Bereich der Studienfinanzierung Niederländern gleichgestellt sind …

…”

Rz. 5

Art. 2.14 WSF 2000 in der zuletzt durch das Gesetz vom 15. Dezember 2010 geänderten Fassung (Stb. 2010, Nr. 807) sieht vor:

  1. „Dieser Artikel findet nur Anwendung auf Studierende, die nach dem 31. August 2007 für eine Hochschulausbildung in einem Studiengang außerhalb der Niederlande eingeschrieben sind …
  2. Für eine Studienfinanzierung kommen Studierende in Betracht, die

    1. für eine Ausbildung in einem Studiengang außerhalb der Niederlande eingeschrieben sind, soweit in den Niederlanden für eine vergleichbare Kategorie von Studiengängen Studienfinanzierung gewährt wird, das Niveau und die Qualität des Studiengangs mit entsprechenden Studiengängen … vergleichbar sind und die Abschlussprüfung des Studiengangs mit einer Abschlussprüfung entsprechender Studiengänge … vergleichbar ist;
    2. für eine Ausbildung in einem Studiengang außerhalb der Niederl...

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