Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung einer Auskunftssperre in das Melderegister wegen ungewollt zugesandter Direktwerbung

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Anspruch auf Eintragung einer Auskunftssperre in das Melderegister soweit die Daten für Zwecke der Direktwerbung verarbeitet und übermittelt werden sollen.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Urteil vom 05.02.2003)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 21.06.2006; Aktenzeichen 6 C 5.05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister, soweit die Daten erkennbar für Zwecke der Direktwerbung verarbeitet werden sollen.

Der Kläger beantragte unter dem 18. April 1999 die Einrichtung einer Auskunftssperre im Hamburgischen Melderegister: Er benutze berufsbedingt das Internet. Dadurch könnten Dritte über ihn unbemerkt ein Interessenprofil erstellen. Infolgedessen erhalte er unaufgefordert Zuschriften. Er wünsche nicht, dass seine Privatanschrift bekannt werde. Sei eine Anschrift erst einmal bekannt geworden, werde sie mittels der neuen Medien immer weiter verbreitet. Es genüge ihm nicht, sich in die sogenannte „Robinson-Liste” eintragen zu lassen und der Zusendung adressierter Werbung bei den einzelnen Unternehmen zu widersprechen.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Eine Auskunftssperre könne nur in besonders gelagerten Einzelfällen eingetragen werden. So sei es nach § 34 Abs. 5 des Hamburgischen Meldegesetzes (HmbMG) in der Fassung vom 3. September 1996 (GVBl. S. 231) erforderlich, das Vorliegen von Tatsachen glaubhaft zu machen, die die Annahme rechtfertigten, dass ihm oder einer anderen Person bei Bekanntwerden der Anschrift eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange erwachsen könne. Dem Vorbringen des Klägers lasse sich eine solche Gefährdung nicht entnehmen.

Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor: Seine schutzwürdigen Belange im Sinne von § 34 Abs. 5 HmbMG würden verletzt, wenn seine persönlichen Daten gegen seinen Willen an Dritte, insbesondere an Adressenverlage, weitergegeben würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999, dem Kläger zugestellt am 10. September 1999, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit seiner am 21. September 1999 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen:

Er begehre die Eintragung einer Auskunftssperre lediglich insoweit, als seine Daten für Zwecke der Direktwerbung verarbeitet werden sollten. Hierauf habe er einen Anspruch. Schutzwürdige Belange im Sinne von § 34 Abs. 5 HmbMG würden verletzt, wenn persönliche Daten gegen den Willen des Betroffenen an Dritte zum Zwecke der Direktwerbung weitergegeben würden. Hierdurch werde das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen gefährdet. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, eine entsprechende Auskunftssperre einzurichten. Dadurch würden weder die Beklagte noch andere staatliche Dienststellen in ihrer Aufgabenstellung behindert.

Wenn das Hamburgische Melderecht es nicht vorsehe, kostenfrei gegen eine von der Meldebehörde beabsichtigte Verarbeitung seiner persönlichen Daten für Zwecke der Direktwerbung Widerspruch einzulegen, so widerspreche dies europäischem Recht, nämlich Art. 14 b der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (im Folgenden Datenschutzrichtlinie; ABl.EG 1995 Nr. L 281, S. 31). Die Mitgliedstaaten hätten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften binnen drei Jahren nach ihrer Annahme erlassen müssen. Diese Frist sei längst verstrichen. Er könne sich deshalb unmittelbar auf diese Richtlinie berufen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 14. Mai 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, im Melderegister eine die Daten des Klägers betreffende Auskunftssperre einzutragen, soweit diese Daten erkennbar für Zwecke der Direktwerbung verarbeitet werden sollen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Die Befürchtungen des Klägers gingen an der Realität vorbei. An Direktwerber würden keine Gruppenauskünfte erteilt; eine Melderegisterauskunft über eine Vielzahl nicht namentlich bezeichneter Einwohner dürfe nur erteilt werden, soweit sie im öffentlichen Interesse liege. Einzelauskünfte über Anschriften bestimmter Personen seien zwar möglich. Hierfür sei es jedoch erforderl...

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