Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 28 O 344/15)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Der Senat hat die Berufung des Klägers beraten und ist einstimmig zu dem Ergebnis gelangt, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Absatz 2 Ziffern 2 und 3 ZPO) und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Absatz 2 Satz 1 Ziffer 4 ZPO).

II. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Amtshaftungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund der geltend gemachten ärztlichen Aufklärungspflichtverletzung im Rahmen der sog. Musterung nach § 91a Abs. 1 Soldatenversorgungsgesetz (im Folgenden: SVG) ausgeschlossen ist. Dieses Gesetz findet vorliegend in der Fassung vom 24.07.1995 Anwendung.

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch des Klägers gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG erfüllt sind. Denn ein solcher Anspruch unterliegt der Sperrwirkung des § 91a Abs. 1 S. 1 SVG (a.). Der Tatbestand gemäß § 91a Abs. 1 S. 2 SVG ist nicht erfüllt (b.).

a. Gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 SVG haben die nach dem SVG versorgungsberechtigten Personen aus Anlass einer Wehrdienstbeschädigung gegen den Bund nur die auf diesem Gesetz beruhenden Ansprüche. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger gehört dem versorgungsberechtigten Personenkreis an (1) und die geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen stellen eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne dieser Vorschrift dar (2), mit der Folge, dass Ansprüche aus Amtspflichtverletzung ausscheiden.

(1) Der Kläger ist nach den Vorschriften des SVG versorgungsberechtigt. Dies folgt aus § 80 S. 2 SVG. Danach erstreckt sich der versorgungsberechtigte Personenkreis nicht nur auf Soldaten. Dieser umfasst auch Zivilpersonen, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben. Auch wenn der Kläger zu keiner Zeit Soldat geworden ist, vielmehr zu der hier streitbefangenen Musterung als Zivilperson erschienen ist, fällt er danach in den persönlichen Schutzbereich des SVG.

(2) Bei den von dem Kläger gerügten Aufklärungspflichtverletzungen handelt es sich zudem um eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne der §§ 91a Abs. 1, 81 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SVG. Der Begriff der Wehrdienstbeschädigung ist in § 81 Abs. 1 SVG legaldefiniert. Danach ist eine Wehrdienstbeschädigung u.a. eine gesundheitliche Schädigung, die durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist, § 81 Abs. 1 3. Alt. SVG. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist danach eine "innere Beziehung" zwischen der gesundheitlichen Schädigung einerseits und der Wehrdiensteigentümlichkeit andererseits zu fordern (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1992 - III ZR 19/92, juris Rz. 10 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nach dem eigenen Vortrag des Klägers vor.

Die gesundheitliche Schädigung, die hier geltend gemacht wird, ist darin zu sehen, dass der Kläger schwer nierenkrank ist. Er leidet unter einer terminalen Niereninsuffizienz und ist zeitweise dialysepflichtig. Er behauptet, zur Zeit der ärztlichen Untersuchungen während des Musterungsverfahrens selbst noch nichts von der damals schon vorliegenden Nierenentzündung (Glomerolunephritis) gewusst zu haben. Weil ihn die Musterungsärzte erst Ende Januar 2017 über seinen auffälligen Gesundheitszustand informiert hätten, sei eine rechtzeitige Behandlung nicht mehr möglich gewesen, weshalb auch sein andauernder schlechter Gesundheitszustand auf die unterbliebenen Informationen der Bundeswehrärzte zurückzuführen sei. Dagegen steht es außer Frage, dass das Nierenleiden in dem Umfang, in dem der Kläger diesem bereits vor der Musterung unterlag, in keinem konkreten Zusammenhang zur Musterung stand. Dieses ist demnach auch nicht wehrdiensteigentümlich, deswegen aber auch nicht streitgegenständlich.

Die hier geltend gemachte gesundheitliche Schädigung ist zudem den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen zuzuweisen. Sie steht im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen, sog. "inneren", Zusammenhang mit den während der Musterung unterbliebenen ärztlichen Hinweisen. Der gesetzliche Tatbestand des § 81 Abs. 1 SVG verlangt zunächst keine konkreten Handlungen, sondern lässt bereits dem Wortlaut nach den Eintritt des Verletzungserfolges genügen. Danach erfasst diese Vorschrift nicht nur Schädigungen, die durch aktives Tun der beteiligten Ärzte entstehen konnten, sondern auch schädigende Einwirkungen, die sich möglicherweise dadurch ergeben haben, dass dem Kläger bei den Untersuchungen erhobene, behandlungsbedürftige Befunde nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind (so auch das Bundessozialgericht in dem als Anlage B 3 ein...

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