Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit zur Prüfung der formellen Anforderungen an eine Sitzverlegung liegt gemäß § 13h Abs. 2 S. 3 HGB beim abgebenden Registergericht

2. Für die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer, der sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt hat, noch zur Anmeldung einer Satzungsänderung befugt ist, ist auf den Zugang der Anmeldung beim Registergericht abzustellen, § 130 Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

GmbHG § 35; HGB §§ 12, 13h Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 81 HRB 165220)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. November 2022 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte (nachfolgend auch "Gesellschaft"), eine GmbH, ist im Handelsregister, Abteilung B, des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Als Geschäftsführer weist das Handelsregister Herrn M. J. (nachfolgend: "Herr J") und Herrn J. W. K. (nachfolgend: "Herr K") mit der Befugnis aus, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen. Die allgemeine Vertretungsregelung im Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten wird, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind. Eine Alleinvertretungsbefugnis kann erteilt werden.

Herr J hielt als alleiniger Gesellschafter sämtliche Geschäftsanteile der Beteiligten mit einem Nennwert von insgesamt 25.000,00 EUR. Am 9. August 2022 beschloss er im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung, dass der Sitz der Beteiligten unter Änderung von § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages von Berlin nach Magdeburg verlegt wird, und erklärte dies zugleich vor dem späteren Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten und einreichenden Notar zu Nr. 425/2022 des dortigen Urkundenverzeichnisses. Weiteres sollte laut dieser Urkunde nicht beschlossen werden. Am selben Tag beurkundete der einreichende Notar zu Nr. 426/2022 seines Urkundenverzeichnisses die Anmeldung der Sitzverlegung des Herrn J gegenüber dem Registergericht. Schließlich errichtete der einreichende Notar zu Nr. 427/2022 seines Urkundenverzeichnisses eine notarielle Urkunde vom gleichen Tag, in der Herr J sämtliche Geschäftsanteile an die Firma M. GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hannover und vertreten durch ihren alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer Herrn J. M., verkaufte und übertrug und diese die Abtretung annahm. Ebenfalls auf den 9. August 2022 datiert eine schriftliche Erklärung des Herrn J gegenüber Herrn M., mit der Herr J sein Amt als Geschäftsführer der Beteiligten mit sofortiger Wirkung niederlegt. Der Zugang der Erklärung wird für denselben Tag mit Unterschrift quittiert.

Am 12. August 2022 ging beim Amtsgericht Charlottenburg per Einschreiben die Niederlegungserklärung des Herrn J gegenüber dem Geschäftsführer der M. GmbH ein. Am 18. August 2022 ging beim Amtsgericht elektronisch die notariell beurkundete Anmeldung der Sitzverlegung der Beteiligten durch Herrn J vom 9. August 2022 nebst dem korrespondierenden Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung und einem aktualisierten Gesellschaftsvertrag mit Bescheinigung nach § 54 GmbHG ein.

Mit Verfügung vom 23. August 2022 hat das Registergericht unter Bezugnahme auf die Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch Herrn J mitgeteilt, dass es die Anmeldung der Sitzverlegung für nicht wirksam erachte und daher die Akte noch nicht an das nunmehr zuständige Gericht weiterleite. Auf die Mitteilung des einreichenden Notars, dass das Niederlegungsschreiben nach der Beurkundung zugestellt worden sei und Herr J daher im Zeitpunkt der Beurkundung noch Gesellschafter und Geschäftsführer der Beteiligten gewesen sei, sowie entsprechende schriftliche Erklärung des Herrn J hat das Amtsgericht mit Verfügungen vom 19. September 2022 und 7. Oktober 2022 die Ansicht vertreten, dass der anmeldende Geschäftsführer im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldung - im Sinne des Inverkehrbringens durch den einreichenden Notar - über Vertretungsmacht verfügen müsse. Diese Ansicht hat es mit Verfügung vom 11. Oktober 2022 bekräftigt und die Anmeldung der Sitzverlegung schließlich mit Beschluss vom 14. November 2022 zurückgewiesen.

Auf die am 30. November 2022 eingegangene Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss vom 14. November 2022 hat das Registergericht mit Verfügung vom 27. Januar 2023 eine weitere Frist gesetzt, um es dem Verfahrensbevollmächtigten zu ermöglichen, die Sitzverlegung gemäß § 378 FamFG anzumelden. Nach Fristablauf hat es der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit einem Beschluss vom 7. März 2022 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung der Beschwerde hat der Verfahrensbevollmächtigte ausgeführt, dass es für die Vertretungsmacht allein auf den Zeitpunkt der Beurkundung und nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung einer Änderung beim Handelsregister ankomme.

II. 1. Di...

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