Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 243/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.12.2018; Aktenzeichen VI ZR 439/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. September 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 243/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein in ..., Nordrhein-Westfalen, ansässiger Steuerberater, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer ihn identifizierenden Berichterstattung in einem von ihr am 03.12.1997 im Internet veröffentlichten Artikel in Anspruch. Der Artikel trägt die Überschrift "..." und berichtet über den damals gegen den Fraktionschef der Deutschen Sozialen Union (DSU) im Landtag des Landes Sachsen-Anhalt, Herrn ..., und den Kläger geführten Strafprozess vor dem Magdeburger Landgericht wegen des Vorwurfes der Veruntreuung von Fraktionsgeldern in Höhe von 117.152,00 DM.

Das Landgericht Berlin hat mit seinem am 29.09.2016 verkündeten und der Beklagten am 18.10.2016 zugestellten Urteil der Klage gemäß dem Hilfsantrag entsprochen und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, über den Kläger im Zusammenhang mit dem vor dem Landgericht Magdeburg im Jahre 1997 im Zusammenhang mit der Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden der Deutschen Sozialen Union ... erhobenen Vorwurf unter voller Namensnennung zu berichten, wenn das geschieht wie auf der Internetseite der Beklagten unter "http://www.....html".

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen in erster Instanz wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts, welches die Beklagte mit ihrer am 19.10.2016 eingegangenen und am 11.01.2017 -nach gewährter Fristverlängerung bis zum 19.01.2017- begründeten Berufung angefochten hat.

Die Beklagte trägt hierzu vor, die Entscheidung des Landgerichts widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und verletze greifbar ihre Meinungs- und Pressefreiheit. Originalquellen müssten auch in digitalen Archiven dauerhaft und unverändert für die Nachwelt zugänglich bleiben. Die entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes angenommene Breitenwirkung der -inhaltlich nicht beanstandeten- Altmeldung werde ausschließlich mit der leichten Auffindbarkeit über eine Suchmaschine begründet. Der Kläger möge sich an Google wenden und eine Löschung seines Namens aus dem Index verlangen. Google indexiere den Beitrag nach einem von ihr, der Beklagten, unbekannten und nicht beeinflussbaren Suchalgorithmus.

Ferner habe der Kläger die -bestrittene- Beeinträchtigung seiner Berufsausübung nicht substantiiert vorgetragen. Das Landgericht überdehne den Anwendungsbereich des § 291 ZPO. Es sei nicht aus allgemein zugänglichen Quellen zuverlässig zu ermitteln, ob Menschen, die einen Steuerberater am Ort des Klägers suchten, ausgerechnet seinen Namen in eine Suchmaschine eingäben und ihn deshalb nicht mandatierten. Wer über eine Suchmaschine allgemein einen Steuerberater vor Ort suche, gelange auf die Webseite der Steuerberatungsgesellschaft des Klägers, was für eine erste Kontaktaufnahme genüge, anhand derer über eine Mandatierung entschieden werde.

Das Landgericht übersehe, dass der Google-Suchalgorithmus stets auch die Aktualität der Informationen berücksichtige. Altmeldungen rückten deshalb im Laufe der Jahre immer weiter in den Hintergrund. Jeder Internetnutzer könne diesen Prozess beschleunigen, z.B. durch Eröffnung eines Profils bei "LinkedIn", "XING" oder "Facebook".

Gegen ein möglicherweise vom Landgericht befürwortetes "Notice and Take-Down"-Verfahren, wie bei der Haftung von Intermediären bekannt, sprächen dogmatische Bedenken sowie ein unverhältnismäßiger personeller, zeitlicher und finanzieller Mehraufwand des Archivbetreibers.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils vom 29. September 2016 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder der festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen, den den Namen des Klägers enthaltenden Beitrag im Zusammenhang mit dem vor dem Landgericht Magdeburg im Jahr 1997 im Zusammenhang mit der Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden der Deutschen Sozialen Union ... auf dem Internetauftritt der Beklagten in der Weise zum Abruf bereit zu halten, dass dieser Beitrag durch Eingabe des Klägers in Internetsuchmaschinen von diesen aufgefunden und in den Ergebnislisten ausgewiesen wird.

Die Beklagte beantragt hinsichtlich des von ihr als unzulässig und verspätet erachteten Hilfsantrages -vorsorglich-,

die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die A...

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