Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung. Nettopolice. separate Kostenausgleichsvereinbarung, Kostenvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 169 Abs. 2 S. 5 VVG findet keine Anwendung, wenn die Policen hinsichtlich der beim Abschluss eines Versicherungsvertrags anfallenden Kosten eine separate Kostenausgleichsvereinbarung treffen.

 

Normenkette

BGB a.F. § 355 Abs. 2 S. 1; BGB § 134; VVG § 169 Abs. 5 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Entscheidung vom 10.06.2011; Aktenzeichen 109 C 224/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 10.06.2011 (109 C 224/10) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung restlicher Abschluss- und Einrichtungskosten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrags sowie einer separaten Kostenausgleichsvereinbarung am ##.12.2008. Der Beklagte beruft sich auf die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei aus der Kostenausgleichsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet, da diese wirksam sei. Die Unwirksamkeit ergebe sich nicht aus dem Widerruf des Beklagten, da dieser nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgt sei. Dem Ablauf der Widerrufsfrist stehe nicht entgegen, dass die Widerrufsbelehrung nicht deutlich genug gestaltet worden sei. Dem gesetzlichen Gebot der Deutlichkeit von Widerrufsbelehrungen habe die vorliegend zu beurteilende Gestaltung Genüge getan. Die Kostenausgleichsvereinbarung sei nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Gebot unwirksam, da sie kein Umgehungsgeschäft zu § 169 Abs. 5 S. 2 VVG darstelle. Diese Vorschrift lasse einen vereinbarten Abzug vom Rückkaufswert einer Versicherung, welcher nach Kündigung durch den Versicherten zu berechnen ist, für noch nicht getilgte Abschluss- oder Vertriebskosten, die nach dem Vertrag mit den zu zahlenden Prämien verrechnet werden sollen, nicht zu. Grund hierfür sei, das dem Versicherten zustehende Kündigungsrecht nicht dadurch zu unterlaufen, dass die Kündigung nach nur kurzer Vertragsdauer wirtschaftlich sinnlos werde, weil der Rückkaufswert vollständig durch noch fällige Abschluss- und Vertriebskosten aufgezehrt werden könnte. Dies käme einer unzulässigen Vertragsstrafe gleich. Dieser Effekt könne bei einer separaten Kostenausgleichsvereinbarung ausgeschlossen werden, da hier keine Verrechnung mit Abschluss- und Betriebskosten stattfinde. Zwar könne insoweit bei Saldierung des Rückkaufswertes und der Abschluss- und Betriebskosten auch das Ergebnis eintreten, dass der Rückkaufswert wirtschaftlich betrachtet null ergebe bzw. negativ sei. Ein Umgehungsgeschäft liege hierin gleichwohl nicht, da der Gesetzgeber den Gestaltungsweg der Abtrennung der Kostenausgleichsvereinbarung gesehen und trotzdem nicht in die Verbotsnorm aufgenommen habe.

Der Beklagte greift das erstinstanzliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, in vollem Umfang an.

Er macht zum Einen geltend, die Widerrufsbelehrung sei unwirksam, da sie sich nicht in der erforderlichen Deutlichkeit aus dem übrigen Vertragstext hervorhebe. Es sei keine drucktechnisch deutliche Hervorhebung der Widerrufsbelehrung vom übrigen Vertragstext erkennbar. Zum Anderen macht er geltend, die zwischen den Parteien separat zum Versicherungsvertrag getroffene Kostenausgleichsvereinbarung sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts unwirksam, weil sie ein Umgehungsgeschäft zu § 169 Abs. 5 S. 2 VVG darstelle. Die vom Gesetzgeber zum Anlass für die Regelung genommene wirtschaftliche Nachteiligkeit einer Kündigung nach kurzer Dauer des Versicherungsvertrags, die sich wie eine Vertragsstrafe auswirke, bestehe in vorliegendem Fall der separaten Abschlusskostenvereinbarung in derselben Weise. Der Gesetzgeber habe nicht gesehen, dass eine selbständige Kostenausgleichsvereinbarung nicht gleichzusetzen sei mit der Vereinbarung einer Maklerprovision, da es sich bei den Abschlusskosten nicht um unabhängige Kosten vom Hauptvertrag, sondern um Vertragsnebenkosten handele. Hätte der Gesetzgeber den streitgegenständlichen Gestaltungsweg vollumfänglich berücksichtigt, hätte er diesen in die Verbotsnorm aufgenommen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Amtsgericht hat der Klage in der Hauptsache zu Recht stattgegeben, weil die Klägerin einen Anspruch auf Erfüllung der mit dem Beklagten getroffenen Kostenvereinbarung, also auf Bezahlung von 2.701,13 € hat.

1.

Die Kostenausgleichsvereinbarung ist durch den Beklagten nicht wirksam widerrufen worden. Der Widerruf vom ##.01.2011 ist nicht fristgerecht erfolgt, da die Widerrufsfrist am 01.03.20...

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