Verfahrensgang

AG Leverkusen (Urteil vom 22.06.2010; Aktenzeichen 23 C 98/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Leverkusen vom 22.06.2010 – Az.: 23 C 98/09 – abgeändert:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft „D” in Leverkusen, wobei der Kläger und dessen Ehefrau Eigentümer zu je ½ des Teileigentums mit der Bezeichnung T 45 der Eigentumsanlage sind, der Beklagte Miteigentümer des Teileigentums mit der Bezeichnung T 44, welches er 2008 erwarb. In der Teilungserklärung vom 30.11.1966 ist das Teileigentum T 45 mit einem Miteigentumsanteil von 6187/1.000.000 angegeben, das Teileigentum T 44 mit 7806/1.000.000. Mit Rücksicht auf die davon abweichenden tatsächlichen Größenverhältnisse hat die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Versammlung vom 27.08.2009 zu TOP 14 eine „Verschiebung der Miteigentumsanteile” der Einheit T 44 zulasten der Einheit T 45 mit Wirkung zum 01.01.2010 beschlossen. Wegen des Wortlautes des Beschlusses wird auf Bl. 65 d.A. verwiesen. Darüber hinaus wird wegen der Einzelheiten des in erster Instanz gehaltenen Sachvortrages beider Parteien zunächst auf die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Leverkusen (Bl. 274 d.A.) Bezug genommen.

Im Rahmen seiner Anfechtungsklage hat der Kläger die Ansicht vertreten, mit Einführung des neuen § 16 Abs. 3 WEG habe der Gesetzgeber eine Öffnung der Abänderungskompetenz für den vorliegenden Fall nicht geschaffen. Auch liege unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles keine Unbilligkeit vor, die eine Änderung des Maßstabes rechtfertigen würde. Zudem hat er behauptet, die im angefochtenen Beschluss zu Grunde gelegten Werte der Miteigentumsanteile seien unrichtig.

Der Kläger hat beantragt, den Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 07.08.2009 zu Tagesordnungspunkt 14 für unwirksam zu erklären sowie der M GmbH als Verwalterin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beklagten haben beantragt die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass aufgrund der im Einzelnen vorgetragenen tatsächlichen Wohnungseigentumsanteile ein Beibehalten der Quote unbillig wäre und die Gesetzesänderung gerade für Fälle der vorliegenden Art eine Öffnung für eine Neuregelung bezwecke.

In der Klagebegründung hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers das Gericht gebeten, die Verwalterin im Zusammenhang mit der Klagezustellung aufzufordern, eine aktuelle Eigentümerliste zur Gerichtsakte zu reichen. Im Schriftsatz vom 25.01.2010 hat die Prozessbevollmächtigte nochmals höflich angefragt, ob das Gericht dieser Anregung nachgekommen sei und inzwischen eine aktuelle Eigentümerliste von der WEG-Verwalterin zu der Gerichtsakte gereicht worden sei. Eine Reaktion seitens des Gerichts ist ausgeblieben, die aktuelle Eigentümerliste ist nicht – auch nicht im Berufungsverfahren – vorgelegt worden.

Das Amtsgericht hat den streitgegenständlichen Beschluss für unwirksam erklärt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Neuregelung des § 16 Abs. 3 WEG unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles keine Änderung der Miteigentumsanteile wie im angefochtenen Beschluss festgesetzt, rechtfertige. Insofern sei von Bedeutung, dass sich der Erwerber einer Wohnungseinheit sowie jedes sonstige Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf die in der Teilungserklärung angegebenen Zahlen zu den jeweiligen Miteigentumsanteilen grundsätzlich verlassen dürfe. Ein Abweichen davon sei nur unter besonderen Umständen, die § 16 Abs. 3 WEG näher konkretisiere, möglich. Vorliegend sei jedoch ein danach erforderlicher schwerwiegender Grund in der Gesamtschau der Umstände nicht gegeben. Zwar spreche auf Klägerseite aufgrund der deutlichen Abweichungen der tatsächlichen von den in der Teilungserklärung angegebenen Eigentumsanteilen etwas für das Recht zur Festlegung neuer Quoten. Jedoch sei zu bedenken, dass der Kläger aufgrund der vier zu seinen Gunsten entschiedenen Gerichtsverfahren ein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand des festgelegten Maßstabes habe. Darüber hinaus datiere die Teilungserklärung aus dem Jahr 1966. Allein die Beseitigung eines ungerechten Maßstabes stelle jedoch keine Unbilligkeit dar, da sich diese nicht allein an rechnerischen Gegebenheiten orientieren könne. Die Gesetzesnovelle habe insofern gerade nicht den rechnerisch richtigen Wert als Maßstab gewählt, sondern Abänderung nur zur Vermeidung von Unbilligkeiten zuglassen.

Gegen dieses, ihm am 05.07.2010 zugestellte Urteil hat der Beklagt...

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