Leitsatz (amtlich)

Der Inhaber eines standard-essentiellen Patents handelt nicht kartellrechtswidrig, wenn er ein erst während des Verletzungsrechtsstreits unterbreitetes Lizenzvertragsangebot nicht annimmt, weil es die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Vergangenheit dem Grunde nach nicht anerkennt. Es genügt insbesondere nicht, wenn der Beklagte eine im Wege der Lizenzanalogie berechnete "Einmalzahlung" für Handlungen vor Abgabe des Angebots hinterlegt, wenn er sich vorbehält, hinsichtlich eines nach dem entgangenen Gewinn oder dem Verletzergewinn berechneten Schadensersatzanspruch die Verletzung des Patents oder dessen Rechtsbeständigkeit in Frage zu stellen.

 

Nachgehend

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 27.02.2012; Aktenzeichen 6 U 136/11)

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 23.01.2012; Aktenzeichen 6 U 136/11)

 

Tenor

  • I.

    Die Beklagte wird verurteilt,

    • 1.

      a)

      es zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mobile Geräte

      anzubieten und/oder zu liefern,

      die zur Durchführung des folgenden Verfahrens ausgebildet sind:

      Verfahren zur Verwendung in einem drahtlosen Kommunikationssystem zum Senden eines Kommunikationssignals, das eine Vielzahl von Blöcken von Informationen umfasst, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

      • -

        Senden der Vielzahl von Blöcken von Informationen über eine vorbestimmte Anzahl von Kanalressourcen;

      • -

        Bestimmen einer Anzahl aus der Vielzahl von Blöcken, die noch gesendet werden müssen;

        wobei das Verfahren durch folgende Schritte gekennzeichnet ist:

      • -

        basierend auf der vorbestimmten Anzahl von Kanalressourcen, Anpassen der Anzahl aus der Vielzahl von Blöcken, die noch gesendet werden müssen, um eine angepasste Anzahl übrigbleibender Blöcke zu erzeugen; und

      • -

        Senden der angepassten Anzahl von Blöcken, die dem drahtlosen Kommunikationssystem übrigbleiben

        ( EP [...] B1, Anspruch 1, mittelbare Verletzung ).

    • 1.

      b)

      Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziff. I.1.a) wird der Beklagten Ordnungsgeld bis Euro 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist.

    • 2.

      Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1.a) bezeichneten Handlungen seit dem 19. April 2003 begangen hat und zwar unter Angabe

      a)

      der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und/oder Lieferscheine) mit

      aa) Liefermengen, -zeiten und -preisen,

      bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen ldentifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,

      cc) den Namen und Anschriften der Abnehmer,

      b)

      der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit

      aa) Angebotsmengen, -zeiten und -preisen,

      bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer,

      cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

      c)

      der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,

      d)

      der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,

      e)

      der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

      wobei die unter a) und d) genannten Angaben durch Vorlage der Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere zu belegen sind,

      wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist.

  • II.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der [...] durch Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer I.1.a) seit dem 19.04.2003 bis zum 30.07.2010 und der der Klägerin durch Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer I.1.a) seit dem 31.07.2010 entstanden ist und noch entsteht.

  • III.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • IV.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • V.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von:

    • -

      EUR [...] in Ziffer I.1.a) (Unterlassung)

    • -

      EUR [...] in Ziffer I.2 (Auskunft/Rechnungslegung)

    • -

      120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages in Ziffer IV. (Kosten).

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Unterlassungs-, Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche aufgrund einer Patentverletzung.

Die Klägerin ist seit dem 26.05.2011 eingetragene Inhaberin (vgl. Re...

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