Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung hat bei Vorliegen einer gesellschafterbesicherten Drittforderung i.S.d. § 135 Abs. 2 InsO Erfolg. Auswirkungen des Vorliegens einer gesellschafterbesicherten Drittforderung i.S.d. § 135 Abs. 2 InsO auf den Erfolg einer Insolvenzanfechtung. Berücksichtigung der fehlenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bei der Frage der Gläubigerbenachteiligung gem. § 129 InsO

 

Normenkette

InsO §§ 129, 135 Abs. 2

 

Nachgehend

OLG Hamm (Urteil vom 07.04.2011; Aktenzeichen I-27 U 94/10)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 343.903,43 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 11 Prozent und der Beklagte zu 89 Prozent.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung (aus Ziff. 2) abwenden durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 Prozent des gegen ihn (aus Ziff. 2) vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit i. H. v. 110 Prozent des durch ihn jeweils zu vollstreckenden Betrags erbringt.

 

Tatbestand

Der Kläger macht ggü. dem Beklagten Ansprüche aufgrund von Insolvenzanfechtung geltend.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Münster v. 01.12.2009 (Az. 73 IN 98/09) wurde über das Vermögen der Q GmbH (im Folgenden Gemeinschuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet; zugleich wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt; als Eröffnungsgründe nannte der Beschluss sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch Überschuldung. Ein (Eigen-)Antrag auf Insolvenzverfahrenseröffnung war seitens der Gemeinschuldnerin am 25.09.2009 gestellt worden.

Der Beklagte ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Gemeinschuldnerin.

Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hatte die Gemeinschuldnerin Kreditverbindlichkeiten bei der P eG von ca. 1. Mio. Euro.

Zur Absicherung des Darlehens hatte die Gemeinschuldnerin der P eG eine Globalabtretung bzgl. der Forderungen gegen alle Drittschuldner (Anlage K5, Bl. 15) und eine Abtretung bzgl. der Forderungen gegen die L AG (Anlage K6, Bl. 18) vorgenommen.

Zur Absicherung der Darlehensverbindlichkeiten hatte der Beklagte bei der P eG ebenfalls die nachfolgenden Bürgschaften gestellt:

Bürgschaft v. 17.06.2009 (ohne Einschränkung): 200.000,00 EUR (K7, Bl. 20)

Bürgschaft v. 19.02.2008 (für Konto 231.0995. 701): 48.000,00 EUR (K8, Bl. 21)

Bürgschaft v. 15.09.2008 (für Konto 231.0995. 716): 300.000,00 EUR (K9, Bl. 23)

Nach Verwertungsmaßnahmen überwies der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter zwischen dem 03.12.2009 und 08.12.2009 folgende Beträge:

am 03.12.2009 (auf das Konto 231.0995. 701): 3.903,34 EUR

am 07.12.2009 (auf das Konto 231.0995. 700): 310.000,00 EUR

am 08.12.2009 (auf das Konto 231.0995. 716): 140.000,00 EUR

Der Kläger forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben zur Zahlung von 388.000,00 EUR unter Fristsetzung bis zum 21.12.2009 auf.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei durch die Zahlungen von seiner Bürgschaftsverpflichtung in Höhe der Gesamtbürgschaftsbeträge von 388.000,00 EUR befreit worden. Er behauptet, nach einer Vermögensübersicht der Gemeinschuldnerin per 01.12.2009 (K13, Bl. 83) habe die Überschuldung bei Liquidation der Gesellschaft 1.173.570,33 EUR betragen, was einer Quote von ca. 39,9 % entspreche. Bei einer Fortführung der Gesellschaft ergebe sich eine Überschuldung von 700.947,81 EUR mit einer Quote von 62,2 % (K14, Bl. 86). Die Gemeinschuldnerin sei überdies zahlungsunfähig gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 388.000,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, eine Überschuldung i. S. v. § 19 InsO habe nicht vorgelegen. Das Vermögen der Gemeinschuldnerin habe zu den Stichtagen Insolvenzantrag / Insolvenzeröffnung die Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin überstiegen. Die Vermögensbilanzen seien nicht vollständig, da der Firmenwert nicht angesetzt worden sei und Fahrzeuge nicht aufgeführt oder nicht richtig bewertet worden sowie eine weitere Einlage des Beklagten i. H. v. mind. 50.000,00 EUR nicht berücksichtigt worden seien. Eine eigene Vermögensübersicht (Anlage Bl. 92 d. A.) gelange zu einer Überdeckung von 705.000,00 EUR. Per 01.12.2009 habe die Gemeinschuldnerin ein Aktiv-Vermögen von 4.254.000,00 EUR gehabt, dem Verbindlichkeiten von 3.549.000,00 EUR gegenüber gestanden hätten. Die Verbindlichkeiten hätten dadurch vom Vermögen der Gemeinschuldnerin gedeckt werden können. Die Gemeinschuldnerin sei auch nicht zahlungsunfähig gewesen, da sie zum Stichtag Insolvenzantrag offene Forderungen i. H. v. brutto 1.540.581,99 EUR gehabt habe (vgl. "Auszug aus dem Rechnungsausgangsbuch der Gemeinschuldner...

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