Entscheidungsstichwort (Thema)

Kommanditistenhaftung bei Immobilien-Fonds

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein als KG organisierter Immobilienfonds an die mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligten Kapitalanleger Ausschüttungen vorgenommen, die eine Kommanditistenhaftung nach § 172 HBB auslösen, kann der Insolvenzverwalter der KG gem. § 171 Abs. 2 HGB aus abgetretenem Recht des Treuhänders ohne Verstoß gegen § 399 BGB dessen vertraglichen Freistellungsanspruch realisieren.

2. Die Revision ist nicht schon deshalb zuzulassen, weil ein anderes Instanzgericht bei der Entscheidung über den gleichlautenden, massenhaft verwendeten Formularvertrag einer Publikums-KG ein Auslegungsergebnis erzielt hat, das sich außerhalb des vertretbaren Spektrums der Auslegungsmöglichkeiten bewegt (gegen OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.2008 - 1/6 U 8/08).

 

Normenkette

HGB § 171 Abs. 2, § 172; BGB § 399

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 02.05.2008; Aktenzeichen 1 O 326/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Lüneburg vom 2.5.2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begeht als Insolvenzverwalter über einen als Publikums-KG organisierten Immobilienfonds von dem Beklagten als mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligten Anleger Zahlung in Höhe vorgenommener Ausschüttungen.

Der Kläger wurde am 1.8.2007 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-Büro- und Geschäftshausobjekt Berlin-Hohenschönhausen und Hotelobjekt W. KG bestellt. Bei der Insolvenzschuldnerin handelt es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds mit dem Ziel der langfristigen Vermietung eines in ihrem Eigentum stehenden Büro- und Geschäftshauses in Berlin-Hohenschönhausen sowie des Baus und der Vermietung eines Hotels in Westerland/Sylt (X-Fonds 59). Der Erwerb der Immobilien wurde aus Kreditmitteln und mit den von Anlegern eingezahlten Geldern finanziert. Der Beklagte beteiligte sich als Anleger über einen Beteiligungstreuhänder, die P. Verwaltungs- und Treuhand GmbH, gem. Beitrittserklärung vom 15.12.1996 an diesem Fonds i.H.v. 50.000 DM. Unter anderem beteiligten sich 852 Anleger mit Einlagen i.H.v. insgesamt 60.750.000 DM über die P. Verwaltungs- und Treuhand GmbH. Die Treuhänderin wurde am 7.3.1996 mit einer entsprechenden Haftsumme ins Handelsregister als Kommanditistin der Insolvenzschuldnerin eingetragen. Die Einlagen der Gesellschafter beliefen sich auf insgesamt 62.160.000 DM.

In der Beitrittserklärung heißt es u.a.: "Den Treuhandvertrag sowie den dem Prospekt beigefügten Gesellschaftsvertrag erkenne ich als für mich verbindlich an ...".

Im Treuhandvertrag wurden u.a. folgende Vereinbarungen getroffen:

"§ 1 Aufgaben des Treuhänders

(1) Der Treugeber beauftragt den Treuhänder, nach Maßgabe der Zeichnungserklärung des Treugebers und des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft eine Kommanditbeteiligung an der Gesellschaft zu erwerben. Der Treuhänder wird die Beteiligung im eigenen Namen, jedoch treuhänderisch für Rechnung des Treugebers übernehmen und halten ...

(4) Die Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Ansprüche des Treugebers aus der Beteiligung an der Gesellschaft, insbesondere die Ansprüche auf Ausschüttungen und auf Auszahlung von Anfindungsguthaben oder von Anteilen an dem Liquidationserlös, ist auch dann nicht Aufgabe des Treuhänders, wenn der Treuhänder die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen treuhänderisch für den Treugeber hält. Nach dem Gesellschaftsvertrag stehen diese Ansprüche dem Treugeber unmittelbar zu.

(5) Die mit der Beteiligung verbundenen Verwaltungsrechte (Auskunfts- und Kontrollrechte sowie Stimmrechte) übt der Treugeber grundsätzlich selbst aus ...

§ 5 Freistellung

Soweit nach den handelsrechtlichen Vorschriften für den (im Auftrag des Treugebers im Handelsregister eingetragenen) Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft oder eine sonstige Haftung entsteht, hat der Treugeber den Treuhänder von dieser Haftung entsprechend seinem Anteil an der für ihn treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligung freizustellen. Der Treugeber haftet nicht für entsprechende Verpflichtungen der anderen Treugeber ggü. dem Treuhänder."

Der Gesellschaftsvertrag lautet u.a. wie folgt:

"§ 4 Gründungsgesellschafter, Einlagen

...(5) Die Beteiligung der Kommanditisten wird durch den Treuhänder im Treuhandauftrag der Kapitalanleger übernommen (vgl. § 6 Ziff. 1). Der Treuhänder wird die Beteiligung im eigenen Namen, jedoch treuhänderisch für Rechnung des Kapitalanlegers übernehmen und halten, sofern der Treuhänder von seinem Treugeber nicht gesondert schriftlich angewiesen wird, die Beteiligung namens des Treugebers, also in dessen offener Stellvertretung zu übernehmen ...

(6) Sofern der Treuhänder eine Kommanditbeteiligung im eigenen Namen, jedoch treuhänderisch und für Rechnung seiner Treugeber hält, ist der Treuhänder nur im Außenverhältnis, also insbesonde...

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