Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung (hier: Medienfonds), Schadensminderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Anleger trifft unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung keine Verpflichtung, den Emissionsprospekt nach Zeichnung der Kapitalanlage auf Widersprüche zu den Angaben des Anlageberaters zu untersuchen und seine auf den Fondsbeitritt gerichtete Willenserklärung innerhalb der Widerrufsfrist zu widerrufen. Er darf vielmehr darauf vertrauen, vom dem Berater zutreffend informiert worden zu sein.

2. Vom Anleger nicht beeinflussbare Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung fallen in den Risikobereich der zum Schadensersatz verpflichteten Bank. Dies gilt namentlich, wenn die Übertragung der Gesellschaftsanteile von der Zustimmung Dritter abhängig ist.

 

Normenkette

BGB §§ 254-255, 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Entscheidung vom 11.03.2009; Aktenzeichen 11 O 193/08)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels sowie der Berufung der Beklagten das am 11. März 2009 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 52.500,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 27. November 2003 bis zum 28. April 2008 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. April 2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 27. November 2003 gezeichneten Beteiligung an der F. und E. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 50.000 € resultieren.

3. Die Verurteilung zu Ziffern 1. und 2. erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 27. November 2003 gezeichneten Beteiligung an der F. und E. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 50.000 € und Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung sowie etwaiger aus der genannten Beteiligung resultierender Ansprüche gegen Dritte.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger am 27. November 2003 gezeichneten Beteiligung an der F. und E. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 50.000 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung im Verzug befindet.

5. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.761,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2008 zu zahlen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die für die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Hildesheim entstanden sind, die der Kläger zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte u. a. auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. und E. Medienfonds GmbH & Co. KG (im Folgenden V. oder Fonds) in Anspruch. Gegenstand des - auf dem Titelblatt des Emissionsprospekts als "Garantiefonds" bezeichneten - Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung. Die Fondsgesellschaft sollte insoweit, jeweils vertreten durch ihre Komplementärin, Produktionsdienstleister mit der Durchführung der Filmherstellung beauftragen. Für jeden zu produzierenden Film sollte ein Lizenzvertrag mit einer Vertriebsgesellschaft (dem Lizenznehmer) abgeschlossen werden. Die Vergabe der Lizenzen sollte an eine MinimumGarantie geknüpft werden, d. h. die Lizenznehmer sollten neben dem Vertrieb der Filmrechte eine Verpflichtung zur Erbringung einer Schlusszahlung an die Fondsgesellschaft übernehmen. Um diese Schlusszahlung zu sichern, war eine Schuldübernahme in Höhe von 100 % des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten aller realisierten Filme ohne Agio durch die Y.Bank mit schuldbefreiender Wirkung für die Lizenznehmer vorgesehen. Voraussetzung für die Schuldübernahme war die Einzahlung ihres Barwerts durch die Lizenznehmer (vgl. Seite 66 des Verkaufsprospekts, Anlage K 3). Zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Verwendung und Auszahlung des Kommanditkapitals beauftragte die Fondsgesellschaft eine Steuerberatungsgesellschaft als unabhängigen Mittelverwendungskontrolleur (Seite 66 des Prospekts). Der Mittelverwendungskontrolleur hatte u. a. die Aufgabe zu erfüllen, die Freigabe von Mitteln, die die beitretenden Gesellschafter eingezahlt hatten, zu überwachen. Die Produktionskosten sollten von der Fondsgesellschaft erst bezahlt werden, wenn alle Sicherheiten vorlagen und der Mittelverwendungskontrolleur die Gelder freigegeben hatte (Seite 93 des Prospekts). Nach dem steuerrechtlichen Konzept des Fonds sollten die Produktionskosten für die Filme sofort abzugsfähige Betriebsausgaben sein, die zu anfänglichen Buchverlusten und damit entsprechenden Abschreib...

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